Kolumne «Wild im Herzen» über den Mondfisch
Auch unter Wasser gibt es einen Mond

Die grössten Exemplare sind mehr als drei Meter lang und über zwei Tonnen schwer. Manchmal sieht es aus, als ob sich der kuriose Mondfisch ein Sonnenbad gönnen würde.
Publiziert: 28.03.2019 um 23:19 Uhr
Der Mondfisch.
Foto: DUKAS
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Simon JäggiSänger der Rockband Kummerbuben

Kaum Frühling und schon ruft mich das Meer. Es sind nicht nur die Weite und der Goût, die ich vermisse, es sind auch die Dinge, die einem das Meer vor die Füsse spült. Ich mag es, dem Strand entlang zu laufen und nach angeschwemmten Gegenständen zu suchen. Kürzlich war zu lesen, dass in der Bretagne noch heute alte Garfield-Telefone ans Ufer gespült werden, die seit 30 Jahren nicht mehr hergestellt werden – allein 200 Stück im letzten Jahr. Niemand weiss, woher sie stammen.

Überdimensionaler Fünfliber

Ein ähnlich seltsames Getier wie Garfield ist der Mondfisch. Mondfische nennt sich eine Familie von fünf Meerfischarten, und schlicht als Mondfisch wird auch die grösste Art bezeichnet: Mola mola. Er kann mehr als drei Meter lang und über zwei Tonnen schwer werden, damit ist er der schwerste Knochenfisch der Welt. Ein überdimensionaler Fünfliber, der fast reglos durch die Weltmeere gleitet. Und man hat ebenfalls den Eindruck, nicht genau zu wissen, woher er stammt. Seine Gestalt hat etwas Poetisches, Entrücktes, fast so als käme er von einem anderen Planeten.

Der Mondfisch lebt in allen warmen und gemässigten Ozeanen in Wassertiefen bis zirka 500 Meter, auch im Mittelmeer – meist weit weg von den Küsten. Schwimmt er an der Oberfläche, ragt seine Rückenflosse wie bei einem Hai aus dem Wasser. Manchmal lässt er sich auch in Seitenlage auf dem Meer treiben, fast als ob der Mondhafte ein Sonnenbad nähme.

Flink muss er nicht sein

Ob er sich auch mal einen Sonnenbrand holt? Tatsächlich ist sein Körper von einer lederartigen Haut bedeckt, die mehr als sieben Zentimeter dick sein kann – Schuppen besitzt er keine (der grosse Naturforscher Carl von Linné hat den Mondfisch daher «Schweinchen» genannt). Auch hat sich seine Schwanzflosse im Lauf der Evolution vollständig zurückgezogen und sich zu einem Hautlappen verwandelt. Vorwärts kommt er, indem er mit zwei Flossen wedelt – je eine an Rücken und Bauch –, die sich symmetrisch gegenüberstehen. Aber eben, flink ist das kuriose Tier nicht. Muss es auch nicht sein: Seine Hauptnahrung besteht aus Quallen.

Wie Garfield-Telefone werden auch Mondfische immer mal wieder an Strände angeschwemmt. Vor fünf Jahren wurde in Neuseeland gar ein totes Exemplar am Ufer gefunden, das sich als neue Art entpuppte.

Simon Jäggi (39) ist Sänger der Rockband Kummerbuben, arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern und hält Hühner.

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