Kolumne «Wild im Herzen»
Maskottchen für die neuen Väter

Zum Vatertag macht unser Kolumnist einen Vorschlag für ein Maskottchen: Der Helmkasuar, drittgrösster Vogel der Welt, geht mit seinen Kindern fürsorglich um – und ist kein Weichei.
Publiziert: 04.06.2020 um 22:58 Uhr
|
Aktualisiert: 13.08.2020 um 21:18 Uhr
Mitarbeiter Naturhistorisches Museum Bern.
Foto: Thomas Buchwalder
Simon Jäggi

Flecken auf dem Pulli, ungekämmte Haare. Es gibt durchaus Hinweise, die darauf schliessen lassen, ob Mama oder Papa die Kinder für die Schule bereit gemacht hat. Zum Titel des perfekten Vaters reicht es wohl auch in diesem Jahr nicht, aber immerhin bin ich emotional voll bei der Sache. Eine echte Glucke. Und standhafter Verfechter der gleichmässig verteilten Kinderbetreuung zwischen Vätern und Müttern. Die Realität im Jahr 2020 ist freilich noch eine andere. Bei drei Vierteln der Familien ist es zum Beispiel noch immer Mami, die zu Hause bleiben muss, wenn die Kleinen krank sind.

Aber die neuen Väter werden immer mehr. Und ich hätte da einen Vorschlag für ein Maskottchen. Es lebt in den Wäldern von Nordaustralien und Papua-Neuguinea. Und es verbindet auf eindrückliche Weise testosteronschwangere Toughheit und aufopfernde Fürsorglichkeit.

Aggressiv, wenns um die Küken geht

Dem Helmkasuar muss man nicht krumm kommen: Der flugunfähige Vogel ist der drittgrösste Vogel der Welt, wird bis 1,70 Meter gross und bis 70 Kilo schwer. Mit seinem archaischen Helm aus Horngewebe, seinem furchteinflössenden Blick und vor allem seiner Mittelkralle, die bis zu zwölf Zentimeter lang wird, hinterlässt er Eindruck. Er wird auch schon mal als «gefährlichster Vogel der Welt» bezeichnet. Und kürzlich meldete die Kurzspalte der Zeitung: «Kasuar: Riesenvogel tötet Züchter.» Aggressiv wird er aber in erster Linie, wenn er in die Enge getrieben wird oder seine Küken in Gefahr wähnt.

Er brütet die Eier aus

Harte Schale, weicher Kern: Beim Kasuarmännchen handelt es sich nämlich um einen äusserst liebevollen, engagierten Vater. Dabei scherte sich die Vogelart schon seit Jahrhunderten nicht um Rollenklischees. Das Weibchen ist vor allem an Sex interessiert. Nach den Flitterwochen legt sie ihrem Liebhaber einige Eier und lässt ihn sitzen – wortwörtlich: Es ist das Männchen, das die grossen Eier ausbrütet. Nach rund 50 Tagen schlüpfen die Jungen und folgen dem alleinerziehenden Vater neun Monate lang, während er sich herzerwärmend um die Kleinen kümmert, bevor sich diese in die weite Welt aufmachen (die wegen Lebensraumverlust leider immer kleiner wird).

Ich wünsche allen Vätern, die ihren Job kasuarmässig ernst nehmen, einen guten Vatertag.

Simon Jäggi (40) ist Sänger der Rockband Kummerbuben, arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern und hält Hühner. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?