Die aufmerksamen Leserinnen und Leser erinnern sich: In dieser Kolumne läuft die Serie «Anonyme Anwohner – Tiere vor unserer Haustüre, von denen Sie noch nie gehört haben». Willkommen zu Folge 2. Heute werfen wir ein Licht auf ein Wesen, das eigentlich das Licht scheut.
Fledermäuse kennen wir alle – aber können Sie einzelne Fledermausarten aufzählen? Gemeinhin wissen wir ohnehin relativ wenig über die Flugakrobaten, welche die einzigen Wirbeltiere neben den Vögeln sind, die aktiv fliegen können.
30 verschiedene Arten
Das fängt schon damit an, dass sich viele Menschen nicht bewusst sind, dass es sich bei den Fledermäusen um Säugetiere handelt. Ja, die harmlosen Insektenfresser bilden sogar die grösste Tiergruppe unter den Säugetieren in unseren Gefilden. Hierzulande leben gegen 30 verschiedene Fledermausarten. In Anbetracht, dass in der Schweiz 99 Säugetierarten vorkommen, ist dies eine hohe Zahl. Das heisst nämlich: Fast jede dritte Schweizer Säugetierart ist eine Fledermaus.
Eine von ihnen ist die Weissrandfledermaus. Ich hätte auch die Zwergfledermaus oder das Grosse Mausohr nehmen können, aber meine Wahl fiel auf diese Art, weil eine Nachbarin kürzlich ein junges Exemplar in ihrem Garten entdeckte.
Nicht ungeschützt anfassen!
Und was tut man, wenn man ein offensichtlich geschwächtes Tier findet? Man ruft einen Fledermaus-Fachmenschen an. Überall in der Schweiz gibt es Notfall-Telefone, wo man sich erkundigen kann, wie man mit aufgefundenen Tieren umgehen soll. Übrigens: Fledermäuse nur mit Handschuhen oder einem Tuch anfassen, um Bisswunden zu vermeiden.
Die Weissrandfledermaus ist eine typische Städterin, wo sie die milderen Temperaturen und das Nachtleben unter den Strassenlampen schätzt. Es handelt sich um eine Art, die eher im Mittelmeerraum verbreitet ist.
Ein Leben in der Nische
Im Zug des Klimawandels zieht es sie zunehmend in den Norden. Mit ihrer Flügelspannweite von bis zu 22 Zentimetern gehört sie zu den kleinen Fledermäusen und gilt als wendige Fliegerin, die spektakuläre Manöver auf kleinem Raum vollführt. Die Weibchen finden sich zu kleineren Kolonien zusammen, die Männchen leben einzelgängerisch. In den Sommermonaten verzieht sie sich tagsüber etwa in Nischen und Ritzen an Gebäuden, ihr genügt bereits ein 1,5 Zentimeter grosser Spalt, um sich darin wohnlich einzurichten.
Simon Jäggi (39) ist Sänger der Rockband Kummerbuben, arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern und hält Hühner.