Kolumne «Wild im Herzen»
Bachelor der Alpwiesen

Birkhähne und Birkhennen bekommen Konkurrenz in den Bergen: durch die Wandervögel. Der Outdoor-Boom mit Wintersport, E-Biken oder Drohnenfliegen stresst die Tiere.
Publiziert: 16.07.2020 um 23:20 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2020 um 19:08 Uhr
Simon Jäggi, Mitarbeiter im Naturhistorischen Museum Bern.
Foto: Thomas Buchwalder
Simon Jäggi

Wenn man einer Frau eine Freude machen möchte, kauft man besser keine Rosen. Die Blume wurde als Symbol ziemlich überstrapaziert: Rosenschenker laufen Gefahr, als fantasielose Klischeebrüder abgestempelt zu werden.

Da sind die Birkhennen noch ganz traditionell, sie springen immer auf Rosen ihrer Bachelors an. Rosen nennen sich die roten Halbmonde, welche die Birkhähne über dem Auge tragen. Während der Balz schwellen die Wölbungen massiv an.

Im Frühling treffen sich die Birkhähne zu melodramatischen Schaukämpfen in ihren Arenen, die sich alle Jahre an denselben Stellen befinden. Dabei geht es friedlich zu und her: Birkhähne sind eher Tänzer als Kämpfer. Die Birkhuhn-Balz stellt eines der packendsten Naturspektakel dar, die unsere Berge zu bieten haben.

Das Dilemma der Naturliebhaber

Nun dringen neue Konkurrenten in die Territorien der «schwarzen Ritter»: die Wandervögel. Covid-19 hat einen Outdoor-Boom ausgelöst. Nicht unbedingt zum Wohl der Raufusshühner. Zu dieser Unterfamilie gehören neben dem Birkhuhn auch das Schneehuhn, das Haselhuhn oder etwa der Auerhahn. Sie alle sind in den Alpen heimisch und reagieren empfindlich auf Störung. Während Birkhuhn und Schneehuhn potenziell gefährdet sind, präsentiert sich die Situation beim Auerhuhn noch dramatischer. In weiten Teilen der Alpen ist es verschwunden.

Die Freizeitnutzung ist der Hauptgrund für die schwierige Situation von Birkhuhn und Co. Neben dem Wintersport kommen auch im Sommer immer neue Aktivitäten dazu, sei es etwa E-Biken oder Drohnenfliegen. Ich bin selber ein Berggänger. Und befinde mich im gleichen Dilemma wie alle Naturliebhaber: Einerseits liebe ich es, seltene Tiere beobachten zu können – gleichzeitig bin ich ein Störenfried in ihren Rückzugsgebieten.

Wallis verdient an den Abschüssen

Ein weiterer Stressfaktor kommt hinzu: Birkhähne dürfen noch immer bejagt werden. Jährlich werden 400 bis 500 Birkhähne und 400 Alpenschneehühner geschossen. Eine fragwürdige Praxis, da die ohnehin kleinen Bestände noch weiter geschwächt werden. Der Kanton Wallis verdient Geld an den Abschüssen, die er oft auch an ausländische Jagdtouristen verkauft. Das neue Jagdgesetz sieht weiterhin keinen Schutz von Birkhuhn und Schneehuhn vor. Ein weiterer Grund, das naturfeindliche Gesetz im Herbst an der Urne abzulehnen.

Simon Jäggi (40) ist Sänger der Rockband Kummerbuben, arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern und hält Hühner. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.

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