Kolumne «Weltanschauung» von Giuseppe Gracia
Ausstieg aus der Prostitution

Wenn Prostituierte aus dem Rotlichmilieu rauskommen wollen, sind sie meist auf Hilfe angewiesen. Aber manchmal nützt auch diese nichts. Kolumnist Giuseppe Gracia über einen Verein, der Frauen zur Seite steht.
Publiziert: 29.03.2021 um 06:29 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2021 um 16:11 Uhr
Foto: Thomas Buchwalder
Giuseppe Gracia

Seit zehn Jahren hilft der Schweizer Verein Oase unterdrückten Frauen, aus der Prostitution herauszukommen und den Weg in ein neues Leben zu finden. Die Gründer des Vereins, ein christliches Ehepaar, haben dafür ihr Haus umgebaut und stellen es Frauen in Not zur Verfügung. Nun feiert der Verein sein Jubiläum.

Oase arbeitet mit verschiedenen Organisationen und Streetworkern im Rotlichtmilieu. Die meisten Prostituierten stehen unter Zwang. Sie kennen kein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung.

Damit eine Frau aus dieser Situation herausfindet, braucht es Menschen vor Ort, die Hoffnung vermitteln. Ebenso wichtig sind Verbindungen zu den Frauenhäusern. Wenn eine Frau aussteigen will, findet sie in der «Oase» Schutz, ein eigenes Zimmer, warmes Essen und Taschengeld. Für viele braucht es Deutschkurse und Begleitung bei administrativen Angelegenheiten. Dies wird mit Spendengeldern bezahlt. Oft müssen schmerzhafte, traumatisierende Erlebnisse verarbeitet werden. Die Integration in den bürgerlichen Arbeitsmarkt ist herausfordernd. Die Frauen sind angewiesen auf die Gunst und den Schutz der Arbeitgeber.

Sexuell ausgebeutet, dann abgeschoben

Natürlich gibt es auch immer wieder Hürden und Rückschläge. Besonders schwierig ist es, wenn Frauen den Ausstieg nicht schaffen und in den Fängen des Milieus bleiben. Oder wenn, wie kürzlich bei einer Prostituierten aus Afrika, das Migrationsamt keine legale Arbeitserlaubnis erteilt. Die Frau wurde des Landes verwiesen, musste zurück nach Afrika. Das passiert nicht selten: In der Schweiz werden Ausländerinnen sexuell ausgebeutet und dann abgeschoben. Geschichten, die schwer zu tragen sind.

Man kann sich nur wünschen, dass es in Zukunft mehr Organisationen und Menschen gibt, die den Missbrauchten helfen. Und man darf hoffen, dass in der Wahrnehmung der Gesellschaft klar wird: Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere, sondern bedeutet in der Regel Entwürdigung und Vergewaltigung gegen Geld. Mit den Worten der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer: «Der Begriff ‹Sexarbeiterin› ist zynisch. Eine Gesellschaft, die Prostitution duldet, ist inhuman und macht Frauen zum käuflichen Geschlecht.»

Giuseppe Gracia (53) ist Schriftsteller und Kommunikationsberater. Sein neuer Roman «Der letzte Feind» ist im Fontis Verlag, Basel erschienen. Er schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.

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