Weltweit verfolgen Millionen Menschen in diesen Wochen die letzte Staffel von «Game of Thrones», eine der erfolgreichsten Serien aller Zeiten. In der Schweiz sind die aktuellen Folgen vorerst nur auf Radio Télévision Suisse (RTS) oder über Sky zu sehen.
Nach den Büchern «A Song of Ice and Fire» von George R. R. Martin präsentiert die Serie eine epische, antik angehauchte und zugleich mittelalterliche Welt. Mächtige Familienclans kämpfen um die Vorherrschaft über die sieben Königreiche von «Westeros». Könige stehen gegen Monarchinnen, Ritter gegen Rebellen, Verräter gegen dämonische Mächte.
Nur Mensch und Natur
Ich bin ein Fan der Serie und gehöre zu denen, die der finalen Staffel entgegengefiebert haben. Auf mich wirkt der Stoff manchmal wie eine Vision des Mittelalters ohne Christentum, das heisst: ohne den Glauben an einen liebenden, sich für den Menschen hingebenden Gott. Was in dieser Welt vorherrscht, sind dann allein die Mächte von Mensch und Natur, angereichert mit magischen Kräften und Fabelwesen im Fantasy-Stil. Wobei die Figuren, die Dialoge und die Machart sich auf einem derart hohen Niveau bewegen, dass man zuweilen meint, Shakespeare habe seine Königsdramen nach «Westeros» verlegt.
Drachenfeuer gegen Todeseis
Interessant auch, dass fast alle Figuren von einer höheren Schöpfungsordnung ausgehen. Sie wollen nicht gegen das handeln, was sie als Fügung oder Schicksal empfinden – wie zum Beispiel Daenerys Targaryen, eine Frau, die im Verlauf der Handlung zur Mutter von drei feuerspeienden Drachen wird und mit ihnen in die Schlacht zieht. Auf der anderen Seite wandelt der sogenannte Night King durchs Eis, Anführer einer Armee von Untoten, die sich unaufhaltsam ausbreitet. In der finalen Staffel kommt es zum Endkampf zwischen den Naturgewalten, zwischen Drachenfeuer und Todeseis. Und schliesslich dürften die Naturgewalten, so legt es auch der Titel der Bücher nahe, Hoffnung machen auf eine neue Ordnung, auf eine Erlösung vom langen, blutigen Machtpoker der Familienclans.
Vielleicht ist die Serie auch deshalb so erfolgreich, weil immer wieder die Hoffnung auf eine tragende Naturordnung durchscheint, die dem Sog des menschlichen Machthungers entgegenwirkt. Und natürlich die Hoffnung auf Liebe und Erlösung angesichts der um sich greifenden Todesmächte. Universelle, zeitlose Hoffnungen. Auch im digitalen Zeitalter der Serienjunkies.
Giuseppe Gracia (51) ist Schriftsteller und Medienbeauftragter des Bistums Chur. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. In seiner BLICK-Kolumne, die jeden zweiten Montag erscheint, äussert er persönliche Ansichten.