50 Jahre ist es her: Im Juni 1970 wurde die «Schwarzenbach-Initiative» abgelehnt. Damit wollte der Politiker James Schwarzenbach von der Nationalen Aktion erreichen, dass höchstens zehn Prozent der Bevölkerung Ausländer sind.
Die SRF-Doku «Das politische Erbe der Schwarzenbach-Initiative» erinnert an diese Zeit. Interessant: Auch Gewerkschafter und Sozialdemokraten haben die Initiative damals unterstützt. Es ist der Wirtschaft zu verdanken, dass die Initiative scheiterte: Man brauchte Arbeitskräfte.
So sind auch meine Eltern aus Italien und Spanien ins Land gekommen. Leute, die sich kaum etwas leisten konnten. Sie lebten mit drei Kindern in einer kleinen Wohnung. Meine Eltern haben ihr Leben lang für tiefe Löhne gearbeitet und sich selbst nicht erlaubt, «beim Staat zu betteln». Das war ihre Moral, wie damals bei vielen.
Unmenschlicher Widerspruch
Was die Schweizer Migrationspolitik betrifft, kann man heute natürlich sagen: Es gibt kein Recht, in der Schweiz zu leben, sondern die Schweiz hat umgekehrt das Recht, die Migration nach eigenen Bedürfnissen zu steuern. Man kann mit guten Gründen gegen offene Grenzen sein.
Aber was unmenschlich ist: Hunderttausende aus dem Ausland holen, um sie als Wohlstandszement des Landes zu benutzen, um die Wirtschaft zu füttern – und gleichzeitig fremdenfeindliche Stimmung machen. Stimmung gegen Sozialschmarotzer, Einbrecher, Messerstecher, Vergewaltiger. Im Wissen, dass viele Ausländer als Bauarbeiter, am Fliessband, an der Supermarktkasse gebraucht werden und sich dabei verbrauchen.
«Schweizer zuerst!», aber konsequent
Die Schweiz hat ausreichend vom Prinzip gelebt «Die fremde Kuh melken, ohne sie im Stall aufzunehmen». Das ist entwürdigend und heuchlerisch. Entweder halten Ausländer unsere Wirtschaft am Laufen, dann brauchen wir eine migrationsfreundliche Stimmung und müssen nicht dauernd vor «Überfremdung» warnen. Oder es heisst: «Schweizer zuerst! Wir brauchen keine Fremden!» Dann müssen sich aber auch mehr patriotische Eidgenossen dazu herablassen, sich auf dem Bau, am Fliessband und im Supermarkt melken zu lassen.
Giuseppe Gracia (52) ist Schriftsteller und Medienbeauftragter des Bistums Chur. Am 20. Juni erscheint sein neuer Roman «Der letzte Feind» (Fontis Verlag). In seiner BLICK-Kolumne, die jeden zweiten Montag erscheint, äussert er persönliche Ansichten.