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Kolumne «Weltanschauung»
Baby-Farmen in Sri Lanka

In den 1980er-Jahren gab es in der Schweiz Hunderte von illegalen Adoptionen aus Sri Lanka. Die Behörden wussten früh davon – doch statt den Menschenhandel zu stoppen, erleicherten sie ihn. Höchste Zeit, dass die Betroffenen zu ihrem Recht kommen.
Publiziert: 13.09.2020 um 23:55 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2020 um 12:36 Uhr
Giuseppe Gracia, Schriftsteller.
Foto: Thomas Buchwalder
Giuseppe Gracia

Für die Schweiz ist es ein unrühmliches Kapitel: In den 1980er-Jahren kam es zu Hunderten von illegalen Adoptionen aus Sri Lanka. Ein Millionengeschäft mit gefälschten Identitäten, falschen Müttern und Baby-Farmen. 11'000 Kinder wurden nach Europa vermittelt, davon rund 900 in die Schweiz. Die Behörden wussten seit 1981 Bescheid, lockerten dennoch die Bestimmungen und ermöglichten damit den Menschenhandel. Darin verstrickt waren auch einflussreiche Unternehmer wie der Ostschweizer Edgar Oehler, ehemaliger CVP-Nationalrat.

Im Juni 2020 reichte die SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen beim Bundesrat eine Interpellation zur «Unterstützung für Adoptierte bei der Herkunftssuche» ein. Die Ziele: eine unabhängige Fachstelle für Betroffene, Unterstützung bei der Herkunftssuche, Sicherstellung des Einsichtsrechts in sämtliche Akten des Adoptionsverfahrens, das vielen Betroffenen bis heute verweigert wird. Ein zusätzlicher Vorstoss beauftragt den Bundesrat mit einer umfassenden Aufarbeitung der Auslandsadoptionen in allen Kantonen. Die Antwort des Bundesrats wird in dieser Herbstsession erwartet.

Schwierige Spurensuche

Der Verein Back to the Roots vertritt die Anliegen der Betroffenen. Frauen und Männer, die damals von Mutter und Familie in Sri Lanka getrennt und in die Schweiz verkauft wurden, unter falschem Namen, mit gefälschten Dokumenten. Das macht die Spurensuche schwer. Aber das Recht eines Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung ist international anerkannt. Ebenso anerkannt ist das Recht der Betroffenen auf Einsicht in die relevanten Akten.

Im Fall der Verdingkinder, ebenfalls ein dunkles Schweizer Kapitel, hatte der Bund mit 300 Millionen Franken Verantwortung übernommen. Die Kantone und Gemeinden mit rund fünf Millionen.

Warten auf die Entschuldigung

Bleibt zu hoffen, dass man beim Adoptionsskandal auch seitens der Kantone und Gemeinden mehr Verantwortung übernehmen wird, um den Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen. Dazu Sarah Ineichen, Präsidentin von Back to the Roots: «Viele Betroffene wünschen sich eine öffentliche Entschuldigung. Ausserdem ein Betreuungskonzept zur Wiedervereinigung mit ihrer Familie. Und gesetzliche Massnahmen, damit adoptiere Kinder künftig besser geschützt sind.»

Giuseppe Gracia (53) ist Schriftsteller und Medienbeauftragter des Bistums Chur. Sein neuer Roman «Der letzte Feind» ist erschienen im Fontis Verlag, Basel. In der BLICK-Kolumne, die jeden zweiten Montag erscheint, äussert er persönliche Ansichten.

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