Die andere Stellschraube – nämlich die Effizienz aufseiten der ÖV-Anbieter zu erhöhen – wird gern vergessen. Denn ja, auch ich weiss: Schlemmen ist einfacher, als sich im Gym abzurackern.
Aber es gibt eine gnadenlose Lupe namens «technischer Fortschritt», die immer deutlicher zutage treten lässt, wo unnötige und teilweise auch unfaire, alte Zöpfe zu hohe Kosten verursachen.
So fragen sich immer mehr Menschen Dinge wie: Warum brauche ich ein Verbundbillett, wenn ich doch nur von A nach B will? Wieso gibt es zwei verschiedene Preise, wenn ich entweder die Gesamtstrecke löse oder zwei Teilstrecken? Ist es wirklich rechtens, dass ich – obwohl ich ein Abo für einen Teil der Strecke habe – diesen Teil nochmals zahlen muss, wenn ich über die Verbundgrenze hinaus mit einem Schnellzug fahre?
Früher konnte sich die Branche darauf berufen, dass gewisse Kompromisse nötig waren, um den ÖV entweder leichter nutzbar oder aber das System, das aus 18 regionalen Tarifverbünden sowie der SBB, BLS und Co. besteht, überhaupt handhabbar zu machen.
Letzteres ist übrigens der Grund dafür, dass Ihnen Ihr Verbundabo immer noch nicht angerechnet wird, wenn Sie über die Verbundsgrenze hinaus mit einem Schnellzug fahren. Es ist wahr, in dem Fall müssen sie wirklich doppelt zahlen. Ich kämpfe dagegen seit vielen Jahren an. Die Antwort der Branche war stets: Sie suchen, finden aber bisher «keine praktikable und finanzierbare Lösung».
Solche Antworten in Zeiten, in denen jedes Handy mehr Leistung hat als der Steuerungscomputer von Armstrongs Mondrakete, halte ich eigentlich für ziemlich mutig. Sie zeigt, dass die ÖV-Branche noch nicht wirklich die Vorzüge des technischen Fortschritts ausschöpft – insbesondere so, dass es sich auch in tieferen Kosten niederschlägt.
Im Gegenteil, ich sehe – wie übrigens auch die Eidgenössische Finanzkontrolle und Economiesuisse – nicht unbedeutende Effizienzsteigerungspotenziale, die zu positiven Effekten auf die Kosten des ÖVs führen könnten.
Ein Beispiel: Wenn Sie heute ein Billett lösen wollen, können Sie das grundsätzlich auf 7 verschiedene Arten tun:
- am Automaten
- am Schalter
- per Telefon
- beim Bus-Chauffeur
- über die Website
- über das Smartphone
- über eine Check-in-und-Check-out-App
Wenn das zu bedeutendem Mehrumsatz und -erträgen führt: Warum nicht? Aber dabei muss eine Gesamtbetrachtung angestellt werden. Denn so viele unterschiedliche Vertriebskanäle sind nicht gratis zu haben. Das kostet: Beim Zürcher Verkehrsverbund kostet der Schalterverkauf gemäss letzten verfügbaren Angaben 6.40 Franken pro Billett, am Automaten ist es 1.00 Franken, für die digitalen Kanäle sind es aber nur zwischen 20 und 70 Rappen. Würde die Branche mithin den Verkauf über die digitalen Kanäle tatkräftig fördern, könnte man mittelfristig wohl Millionen Franken einsparen, die die Kostenrechnung und über Zeit auch die Billettpreise schonen.
Ein anderer Punkt ist, dass wir immer noch zwei verschiedene Tarifsysteme (die Verbünde und das Nationale) unterhalten, die beide immer nur passend gemacht werden, aber nicht wirklich passen. Das führt zu Schnittstellen, Unlogiken und Doppelspurigkeiten. Auch das ist teuer.
Nach viel Druck auch von meiner Seite ist die Branche nun daran, ein erstes grosses Projekt für die Tarifvereinheitlichung umzusetzen. Wie genau das aussehen wird, ist noch nicht bekannt. Immerhin ist es ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Kurzum: Um die Konkurrenzfähigkeit des ÖV zu steigern, dürfen die Preise zumindest nicht weiter steigen. Ich erwarte von der Branche deshalb im Namen der Kundinnen und Kunden eine umfassende Realisierung von Effizienzpotenzialen. Und zwar, bevor man den sich wieder in deren Portemonnaie bedient.