Der öV darbt – Corona hat ihm stark zugesetzt. Wachsen sollte er schon vor der Pandemie, um möglichst viele Auto- und Töffnutzer zum Umsteigen zu bewegen. Es kam andersherum. Bewältigte der öV 2019 noch reichlich ein Fünftel am Gesamtverkehr so waren es 2020 nur noch gut 16%. Sein Anteil schrumpfte also um rund 20%.
Der Ruf nach öffentlichen Geld ist verständlich, zumindest kurzfristig. Doch die Zeit des öffentlichen Gesundbetens «die Leute werden alle in die Büros zurückkehren» ist nach zwei Jahren ebenso vorbei wie der Einsatz der Lieblings-Stellschraube namens Preiserhöhung. Beides bringt nämlich keine einzige Person zurück in den öV. Im Gegenteil, mit Rezepten von Gestern würde man die Lage nur verschlimmern.
Umso erfreulicher ist, dass die Ersten nun doch in der Situation angekommen sind und konstruktive Lösungen suchen, den öV zu stützen. Sparbillette sind ein überaus geeignetes Mittel dafür und genau die Art von Mobility Pricing, die ich mir vorstelle: Die günstigen Preise in den Nebenverkehrszeiten und/oder auf schwach ausgelasteten Strecken laden potentielle Kunden ein und erzeugen einen beachtlichen Mehrverkehr – wie Studien zeigen. Und das ist genau das, was der öV braucht: Eine gute Auslastung zu allen Tageszeiten. Dann verteilen sich die Kosten auf viel zahlreichere Nasen - was bedeutet, dass der Druck auf die Preise sinkt.
Nach dem Zentralschweizer Passepartout-Tarifverbund ergreift nun auch der Ostschweizer Ostwind diese Chance. Ab dem diesjährigen Fahrplanwechsel, werden Sparbillette auch auf seinem Verbundgebiet angeboten. Ich hatte mich stark dafür eingesetzt und freue mich nun umso mehr, dass auch die ersten Tarif-Verbünde erkennen, dass man mit Gestalten mehr gewinnen kann als mit Aussitzen und Preiseerhöhen. Ich hoffe, die restlichen Verbünde werden folgen.
Sparbillette in den Verbünden sind ein guter Anfang. Auch die Pilotversuche für Homeoffice-Abonnemente machen mir Freude. Solche Produkte sind (erste) Teile eines kundenorientierten, zeitgemässen Angebots. Wenn dieses eingebettet wird in ein einheitliches, nachvollziehbares Tarifsystem und dahinter eine schlanke aber effiziente Bereitstellung des Angebots steht, dann werden die Weichen im öV auf Wachstum springen. Davon bin ich überzeugt und dafür werde ich mich einsetzen.
Ich wünsche Ihnen und mir viel Tatkraft im Jahr 2022. Bleiben Sie gesund und halten Sie die Ohren und Ihr Smartphone offen für die Entwicklungen im öV.