Nein, von «Kleinvieh» reden wir nicht, sondern von stolzen 30 Prozent Kostenzuwachs innerhalb der kommenden zehn Jahre. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn die Nutzung im selben Umfang steigen würde und auch der prozentuale Anteil der öffentlichen Hand unverändert bliebe. Dann würde ein Bedürfnis finanziert, das sich durch mehr Reisende und mehr Reisen selbst trägt. Tatsache ist jedoch, über die Zeit wurde der ÖV immer mehr ausgebaut, doch sein Anteil am Gesamtverkehr hat sich in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert.
Das weiss auch die Branche und denkt deshalb schon jetzt laut darüber nach, wie die zusätzlichen Kosten verteilt werden könnten. Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) geht davon aus, dass sich wiederum die Kundschaft und die öffentliche Hand diese Mehrkosten teilen werden. Das scheint in doppelter Hinsicht ein Fall von «die Rechnung ohne den Wirt gemacht» zu sein: Die öffentliche Hand hat als Besteller des ÖV für die kommenden Jahre schon klargestellt, dass sie nicht mehr zahlen will. Heisst das, die Kundinnen und Kunden sind die Lückenbüsser? Eben nicht. Denn die Preise, die sie zahlen, müssen angemessen sein, so steht es in der Verfassung. Die Auslegung dieser Angemessenheit fällt in meine Zuständigkeit. Die Methode zur Bestimmung der Preisobergrenzen existiert und ist der Branche bekannt.
Die Anwendung der Methode ergibt, dass die heutigen Preise gerade noch im Rahmen des Tolerierbaren liegen. Spielraum für Preiserhöhungen besteht unter den heutigen Voraussetzungen kaum. Sie wären übrigens auch nicht sinnvoll, denn der Preis ist hierzulande ein Schlüsselkriterium bei der Transportmittelwahl. So weiss man aus Befragungen, dass sich zwei Drittel der Reisenden für eine Preisreduktion entscheiden, wenn sie zwischen mehr Komfort, einer Zeitersparnis oder einer zehnprozentigen Preisreduktion wählen können.
Auch die Kosten fürs Autofahren darf man nicht aus dem Blick verlieren. Sie sind über die Jahre sehr viel weniger gestiegen als die ÖV-Preise, die sich seit 1990 verdoppelt haben.
Natürlich wollen wir alle einen starken ÖV. Er ist Teil des Service public und ein vergleichsweise umweltfreundliches Massentransportmittel. Damit ihn «die Masse» nutzen kann und will, muss er angemessen günstig sein. Soll sein Anteil am Gesamtverkehr wachsen, ist der Preis sicher eine der wirksamsten Schrauben. Die Gleichung «unveränderte Beiträge der Besteller + unveränderte Beiträge der Kundschaft = Deckung von 30 Prozent Mehrkosten» kann unmöglich aufgehen. Deshalb müssen wir jetzt darüber reden – denn an der Kasse feststellen, dass das Geld nicht reicht, ist eine denkbar schlechte Idee.