Kolumne von Claude Cueni über Scientology
Kult der Habgier

Scientology ist eine skrupellose Geldmaschine, die heute mit vermeintlichen Anti-Drogen- und Menschenrechts-Kampagnen auf Mitgliederjagd geht. Doch nicht einmal das kann den Niedergang der totalitären Organisation stoppen.
Publiziert: 10.01.2020 um 08:56 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2020 um 21:27 Uhr
Claude Cueni, Schriftsteller.
Foto: Thomas Buchwalder
Claude Cueni

In den 1950er-Jahren war L. Ron Hubbard mit seinen Science-Fiction-Romanen Dauergast in den US-Bestsellerlisten. Für den Lebemann waren die Honorare nicht genug, und er kam zum Schluss, dass man nur mit einer Religion wirklich reich werden könne. Aus den Episoden seiner SF-Serie «Battlefield Earth» schmiedete er eine Scientology-Bibel, die nicht weniger als die «Säuberung des Planeten» durch «die Übernahme und Kontrolle aller Aktivitäten in der Welt» propagierte.

Hubbard versprach «völlige spirituelle Freiheit und Wahrheit». Doch die Wahrheit überliess er den Fantasielosen. 1974 wurde er in Frankreich wegen Betrugs zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Sein Sohn gestand 1982 vor dem Distriktgericht von Massachusetts: «Mein Vater ist ein Betrüger und war immer ein Betrüger», der religiöse Aspekt der Firma sei nur erfunden worden, um Steuervorteile zu erlangen.

Das «Time Magazine» publizierte 1991 die Titelgeschichte «Kult der Habgier» und bezeichnete Scientology als «riesige, gewinnbringende globale Gaunerei, die durch Einschüchterung ihrer Mitglieder und Kritiker in Mafia-Manier überlebt». Die Organisation verklagte das Magazin. Und verlor. In Frankreich wurde sie 2009 wegen «bandenmässigen Betrugs» zu einer Busse von 600'000 Euro verurteilt.

Deutschland warnt, die Schweiz schaut zu

Absolviert man alle Kurse, bezahlt man über 500'000 Franken und gelangt zur Einsicht, dass man pleite ist. Der bayrische Verfassungsschutz warnt: «Der Staat darf nicht zusehen, wenn eine Organisation Menschen wirtschaftlich ruiniert und geistig abhängig macht.» Die Schweiz schaut zu und stuft die «totalitäre» und «verfassungsfeindliche» Firma als Kirche ein ...

Mittlerweile akquiriert die Organisation ihre Opfer mit Kampagnen wie «Sag Nein zu Drogen» und «Jugend für Menschenrechte». Der Niedergang ist trotzdem nicht aufzuhalten, denn die Konkurrenz auf dem pseudoreligiösen Markt wächst parallel zum Mitgliederverlust der Landeskirchen. Mittlerweile gibt es auch die Religion der «Fliegenden Spaghettimonster», eine Gründung des Physikers und Parodisten Bobby Henderson. Seine atheistischen Anhänger huldigen dem Spaghetti-Gott. Das Abendmahl gibts in jeder Pizzeria. Kostenpunkt circa 24 Franken, zur Erleuchtung einen Grappa.

Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Seine ersten 50 BLICK-Kolumnen sind soeben unter dem Titel «Die Sonne hat keinen Penis» erschienen.

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