In den 1970er-Jahren war es für einen Teenager chic, mit einem PLO-Schal wie jenem des Chef-Terroristen Yassir Arafat herumzulaufen, die Bibel des Massenmörders Mao zu promoten, auf dem Klo ein Poster des Stalin-Verehrers Che Guevara aufzuhängen und den Unrechtsstaat DDR als Paradies zu verklären. Das war links und das war cool und man musste nichts mehr beweisen. Wir stellten unsere Moral über das Gesetz. Illegal war scheissegal.
Sozialistische Parteien mutierten zu Verbotsparteien. Linientreue ersetzte die Debattenkultur, die DDR wurde zum Vorbild. Planwirtschaft statt Marktwirtschaft. Das zugemauerte «Arbeiterparadies» wurde einer der weltweit grössten Umweltsünder. Demonstrieren konnte man nur in der Zelle.
Comeback mit grüner Zipfelmütze
Mittlerweile sind alle sozialistischen Experimente an der Realität gescheitert. Sie brachten den Menschen nur staatliche Misswirtschaft, weniger Wohlstand, Pressezensur und eine tiefere Lebenserwartung. Rot war nur der Staatshaushalt. Wäre Sozialismus ein Brettspiel, kein Mensch würde das spielen wollen.
Die aktuelle Klimadebatte bietet nun die Chance auf ein Comeback mit grüner Zipfelmütze. Grün ist das neue Rot. Doch die Konkurrenz ist gross. Nebst den üblichen Trittbrettfahrern drängt auch die finanzstarke Weltuntergangssekte Extinction Rebellion in den Vordergrund.
Blaufrösche und elitäres Selbstbewusstsein
Ähnlich wie Scientology, die Jugendliche mit der Auswertung von kostenlosen Psychotests in Angst und Schrecken versetzt, drängt Extinction Rebellion Teenager mit apokalyptischen Prophezeiungen in den Panikmodus. Rechtsbrüche sind dann irrelevant. Demokratie wird abgelehnt, denn in einer Demokratie finden unrealistische Forderungen keine Mehrheit.
Die Menschen sorgen sich um Arbeitsplatz, Mietzinse, Altersarmut und weniger um das Überleben der Blaufrösche im Amazonas. Neunzig Prozent der Klimaaktivisten haben gemäss einer Studie eine höhere Schulausbildung. Aber die Mehrheit in unserem Land ist nicht in privilegierten Akademikerfamilien aufgewachsen, die ihrem Nachwuchs elitäres Selbstbewusstsein anerzogen haben und einen Mangel an Empathie für Menschen, die nicht aus dem universitären Milieu stammen.
Von Robespierre lernen wir: Die Rebellen von heute sind die Despoten von morgen.
Claude Cueni (64) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Im Verlag Nagel & Kimche ist sein neuer Thriller «Genesis – Pandemie aus dem Eis» erschienen.