Wie unaufdringlich dieser Sommer doch war. Wohltemperiert und verlässlich verregnet. Die obligaten Hitzewellen wichen hierzulande einer wohltuenden Kühle.
Und jetzt wird es noch erquicklicher. Weil Herbst ist und unter dem reinen Blau des Himmels farbig die Gärten flirren; weil Tage von entspanntem Tatendrang auf die drückende Sommerträgheit folgen. Aus den Morgennebeln steigen frische Ideen, und das Denken gerät beim Anblick der tanzenden Blätter in Schwingung.
Am Abend plagen uns nicht mehr Sonnenbrand, Sonnenstich, Mückenstich und verschwitzte Schlaflosigkeit. Eingerollt in warme Decken und den Schutz unserer Erfahrungen sinnen wir vor dem Feuer oder dem Fernseher und komponieren unser Leben neu mit dem Beistand von fremden Geschichten.
Die falschen Gleichungen der Wetterfrösche
Bei Kälte werden Menschen menschenfreundlicher. Sie schätzen nun die vollen Trottoirs, weil sie glauben, durch den maskenbefreiten Atem der Nachbarspassanten weniger zu frieren. Jeder amtiert als Rippe eines langen, öffentlichen Radiators. So wächst heran ein Gefühl von Verbundenheit.
Doch leider gibt es immer noch Feinde der tieferen Temperaturen. In unseren Breitengraden glauben die meisten, die Sonne anbeten zu müssen. Sie werden tagtäglich bestätigend manipuliert von den Wetterfröschen und -feen, die eine grausame Märchenwelt malen und «sonnig» und «heiss» mit «gut» und «schön» gleichsetzen. Und wenn dann mal eine angeblich schlechte, hässliche Kaltfront das Land erlöst, fangen die Hitzefetischisten an zu kochen, werden blöd und fragen hämisch, wo denn jetzt dieser angebliche Klimawandel bleibe.
Hitze lässt Aggressionen steigen
Dabei steht auch die Wissenschaft auf der Seite der Hitzemuffel. Kaltes Wetter ist besser als heisses, das ist eine wissenschaftliche Tatsache. Hitze fördert Aggressionen und Verbrechen. Kälte kann Schmerzen lindern, regt den Kreislauf und die Schilddrüse an sowie die Produktion von braunen Fettzellen, macht also schlank. Auch gibt Kälte einen Energiekick.
Ob man schon mal was von Winterdepression gehört habe, werfen die Hitzeliebhaber ein. Schon, doch es gibt auch Menschen, die an Sommerdepressionen leiden.
Aber lassen wir das Streiten. Reichen wir uns im Namen der schönsten Jahreszeit, des Herbstes, die (hoffentlich bald behandschuhte) Hand. Alles wird gut.
Ursula von Arx geht im Sommer in Deckung und freut sich auf die Winterfrische. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.