Sie wollen das Beste für (Ihre) Kinder. Und fragen sich, was das sein könnte?
Der heutige Weltklassepianist Lang Lang sass bereits mit sieben Jahren täglich bis sieben Stunden am Klavier, angefeuert von den Zukunftsträumen seines Vaters. Auch hinter Michael Jackson (Pop), Bobby Fischer (Schach), Julia Fischer (Violine), André Agassi (Tennis) oder Philippa Schuyler (Piano) standen Eltern, die die Talente ihrer Kinder mit Intensität begleiteten und nichts dem Zufall überliessen. Mit Erfolg.
Eine Begründungskatastrophe
Trotzdem beklagte Lang Lang später die fordernde Hingabe seines Vaters; seine Kindheit, sagt er, sei voller Anspannung gewesen. Bobby Fischer starb vereinsamt und als Antisemit, verfolgt von Verfolgungswahn. Auch Philippa Schuyler scheint als Erwachsene schrecklich unglücklich gewesen zu sein. Michael Jackson? Eben. Julia Fischer hingegen dürfte ihr Leben als erfüllt bezeichnen.
Der Glaube, man könne eine gute oder schlechte Erziehung messen an dem Erwachsenen, den sie hervorbringt, nennt der amerikanische Schriftsteller Adam Gopnik eine «Causal Catastrophe», eine Begründungskatastrophe. Die Kindheit zu betrachten als eine Reihe von erzieherischen Massnahmen, die zu einem bestimmten Resultat führen sollen, ist in seinen Augen nicht nur unsinnig linear, sondern auch armselig.
Das Beste im Jetzt
Helikopter-Eltern sind schlecht, weil sie risikoscheue Erwachsene hervorbringen? Nein, sagt Gopnik, weil sie nerven. Und zwar im Moment. Der Grund, warum wir nicht wollen, dass unsere Kinder ganze Tage mit Computerspielen verbringen, sollte nicht sein, dass ihnen das für ihre Karriere nicht nützt, sondern weil wir ihnen heute die Aufregung nicht vorenthalten wollen, im Wald eine Hütte zu bauen. Und wenn ein Kind die Klarinettenstunde regelmässig als eine Stunde der Qual erlebt, wäre es möglicherweise ganz in Ordnung, seinem Quengeln nachzugeben, selbst wenn dadurch der letzte Funke Hoffnung auf einen zukünftigen Virtuosen verglimmt.
Wenn Sie das Beste für ein Kind wollen, dann fragen Sie sich am besten, was für es jetzt gerade das Beste wäre. Die Frage ist schwierig genug, angesichts der Einzigartigkeit eines jeden Kindes. Und sie führt von der Zukunft weg in die Gegenwart – die einzige Zeit, in der wir wirklich sind. Alles wird gut.
Ursula von Arx hat Kinder, die lieber kein Instrument spielen möchten. Und trotzdem müssen. Weil die Mutter hofft, die Freude stelle sich dann schon noch ein. Sie hofft seit Jahren. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.