Alt Bundesrat Pascal Couchepin verriet im BLICK, er sei nach einem anstrengenden Tag etwa mal schon um 9 Uhr abends im Bett gewesen.
Anders Willi Ritschard. Nach einem Schwächeanfall verschrieb ihm der Arzt, er sollte weniger Reden halten. Was für ein Kamel ihm so etwas zumute, meinte ich. Der Arzt habe gefragt, wann er schlafen gehe: «Zwischen Mitternacht und 1 Uhr.» «Wann stehen Sie auf?‘» «Um 5 Uhr.» «Wieso?» «Um 6 Uhr bin ich im Büro.» «Warum muss ein Bundesrat so früh im Büro sein?» «Von 6 bis 8 Uhr schreibe ich meine Reden, nachher habe ich keine Zeit mehr.» «Sie schlafen zu wenig, Herr Bundesrat, Sie müssen halt weniger Reden halten.»
Ein anderes Kaliber war Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz. Er habe kaum Akten gelesen, sei gleichwohl bestens informiert gewesen, erzählte mir Hanna Muralt. Sie schrieb an den Bundesratssitzungen das Protokoll. Delamuraz habe seine Informanten beim Apéro um 11 Uhr getroffen. In seiner Lieblingsbeiz Le Mazot am Bärenplatz beim Bundeshaus. Zudem war er ein Telefonierer, mit Prominenten top vernetzt. Dazu ein Charmeur, wie es nur ein Welscher sein kann.
Peter Maurer, Präsident des IKRK, Internationales Komitee vom Roten Kreuz, war Uno-Botschafter der Schweiz in New York. Mit Dölf Ogi als Uno-Botschafter für Sport. Maurer erzählte mir, wie er Ogi in Afrika erlebt habe. Es sei ein von der Fifa finanziertes Fussball-Ausbildungszentrum eingeweiht worden. Er werde keine Rede halten, die würde den Buben doch stinken, entschied sich Ogi. Und überraschte auf seine Art. Ogi liess 200 Fussbälle verteilen. Der Jubel sei unglaublich gewesen.
Im Zug traf ich zwei Kaderbeamte des Departements für auswärtige Angelegenheiten. Aussenpolitik ist eben bei uns eine «Angelegenheit». Wie es mit dem damals neuen Chef, Bundesrat Joseph Deiss, gehe, fragte ich. Reden wir vom alten Chef Flavio Cotti, meinte der eine. Wieder einmal habe er ein Arbeitswochenende angeordnet. Ohne die beiden Familienväter zu fragen, ob sie Zeit hätten. Am Samstag flogen sie um 6 Uhr ab dem Belpmoos bei Bern nach Agno TI. Dort verabschiedete sich Cotti: «Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.» Und liess sie stehen.
Helmut Hubacher (92) war von 1975 bis 1990 Präsident der SP Schweiz. Er schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.