Handspiel für die Ewigkeit
Cucurella ist der Glückspilz des Jahres

Was bleibt vom Fussball 2024? Wenig, aber das nicht geahndete Handspiel des Spaniers Marc Cucurella an der EM bestimmt.
Publiziert: 31.12.2024 um 20:24 Uhr
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Die entscheidende Szene im EM-Viertelfinal zwischen Spanien und Deutschland: Musiala (10) schiesst, Cucurella (24) wehrt mit dem Arm ab.
Foto: imago/Sven Simon
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Und wieder ist ein Jahr vorbei. Die Zeit läuft immer schneller. Fast so, als wäre sie gekoppelt an die Entwicklung der Geschwindigkeit im Fussball. Schau dir nur mal den WM-Final von 1982 an (da dachten wir bereits, dass es schneller gar nicht mehr geht) und vergleiche mit einer heutigen Partie in der Premier League. Brillant, wie schnell heute gespielt wird.

Davon kann man sich täglich überzeugen. 2024 war wohl das Jahr mit dem grössten Fussball-Angebot am TV überhaupt. Wer sich Blue, Sky, DAZN und so weiter leistet, der kann gefühlt jeden Abend Fussball gucken – und morgens die Konserven. Ob das der grosse Segen ist?

Waffenlauf und Radball am TV

In den frühen Achtzigern trafen wir uns, mal abgesehen von WM oder EM, mit Freunden an diesem einen Samstagnachmittag im Jahr vor dem TV, mit Chips und Cola ausgerüstet, um gemeinsam den englischen Cupfinal anzuschauen, der da neuerdings im TV live übertragen wurde.

Ein Erlebnis, das es so nie wieder geben wird, weil Fussballschauen am TV damals so aussergewöhnlich war. Es gab ja sonst nur die ARD-Sportschau am Samstag um 18 Uhr, oder hie und da gab es ein Länderspiel zu sehen. Das Schweizer Fernsehen zeigte in der Sportsendung am Wochenende damals in der Regel zuerst Waffenlauf, dann Radball, dann Radquer, am Ende kamen die Fussball-Resultate.

Was weisst du noch?

Heute kann man sich vor lauter Fussball den Fussball kaum noch merken. Mal ganz ehrlich, kannst du diese drei simplen Fragen, ohne sie nachzuschlagen, spontan beantworten? Welche Paarungen gab es in den EM-Halbfinals im Juli? Wer wurde 2024 Cupsieger in der Schweiz? Wie hiess der Gegner von Real Madrid im heurigen Champions-League-Final?

Ich wäre zumindest ins Grübeln gekommen, hätte man mir diese Fragen gestellt. Ja, ja, das ist auch eine Altersfrage, ich weiss. Ich bin Jahrgang 1965 und kann und will mir gar nicht mehr alles merken. Aber die Szenen, die man automatisch eingebrannt bekommt, die das Zeug für ewige Haltbarkeit haben, die gibt es immer noch. Marc Cucurella, der Fussball-Glückspilz des Jahres, hat 2024 für so eine Szene gesorgt.

Wendung ins Glück

Der spanische Europameister, Linksverteidiger, Wuschelkopf und Wadenbeisser war bereits als ärmster Tropf der EM auserkoren, da ihm nach Musialas Schuss im Viertelfinal gegen Deutschland in der Verlängerung der Ball an den linken Arm flog. Sonnenklarer Penalty, da Cucurella im Sechzehner stand und den Arm nicht am Körper angelegt hatte. Schuldig blickte der Spanier zum Schiri, dann auf den Boden, die Schultern so tief wie ein Hund, der gerade beim Würstchenstehlen erwischt wurde.

Er malte sich wohl bereits aus, wie in Spanien über ihn geschimpft wird, weil er mit dieser Aktion den Traum der ganzen Nation zerplatzen liess. Doch wir kennen die Geschichte: Der Schiri gab keinen Penalty, die Spanier besiegten Deutschland, wurden später Europameister und Cucurella und seine Mitspieler zu Hause auf Händen getragen. Aus dem vermeintlich armen Tropf wurde ein gefeierter Held, der 2024 bestimmt mit einem süffisanten Lächeln abschliesst und das neue Jahr voller Elan beginnt. Ich wünsche dir einen ebenso freudigen Rutsch und äs guets Neuis!

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