Gopfried Stutz
«Verheiratet zu sein, ist keine Leistung»

Die Renten-Reform ist durchs Parlament. Ohne Abstriche für kinderlose Witwen. Wieso soll die Allgemeinheit zahlen?
Publiziert: 20.03.2017 um 08:42 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:19 Uhr
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Tu felix Austria nube! «Kriege führen mögen andere, du, glückliches Österreich, heirate.» Die Überlebensmaxime der Habsburger dürfen wir auch unseren Töchtern mitgeben. Das Bundesparlament hat sich mit Ach und Krach zu einer Rentenreform durchgerungen, ohne bei kinderlosen Witwen Abstriche zu machen. Lieber von uns allen etwas mehr Mehrwertsteuern abknöpfen, statt bei künftigen Witwen zu sparen. Es geht hier um 340 Millionen Franken jährlich.

Das heisst: Ist eine verheiratete Frau beim Tod ihres Mannes mindestens 45 Jahre alt und blickt sie auf eine Ehedauer von mindestens fünf Jahren zurück, so erhält sie von der AHV bis zu 1880 Franken im Monat. Von der Pensionskasse des Verstorbenen kommen noch ein paar Hundert oder Tausend Franken dazu. Das gilt auch für gut bezahlte Managerinnen, von denen es Gott sei Dank immer mehr gibt. Das gilt auch für «Dinks», die kinderlosen Doppelverdiener. Nicht wenige finden das durchaus in Ordnung, wie man aufgrund der Kommentare auf meinen Gopfried Stutz von letzter Woche feststellen darf. Warum aber eine kinderlose Witwe keinen Rappen erhält, wenn sie beim Tod ihres Mannes erst 44 Jahre alt ist, müsste mir noch erklärt werden.

Ich habe die Aargauer SP-Nationalrätin Yvonne Feri gefragt: «Weshalb finden Sie es richtig, dass nicht nur Witwen minderjähriger Kinder, sondern auch solche ohne Kinder Anspruch auf eine Rente haben?» Die Antwort: «Viele Frauen arbeiten – auch ohne Kinder – in einem tiefen Pensum.» Deshalb hätten viele Frauen kaum eine oder nur eine geringe Pensionskasse. «Sollte die Witwenrente entfallen, wären diese Frauen allenfalls auf Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen angewiesen.» 

Na und? Ich finde: Wenn Frauen freiwillig auf eine Erwerbstätigkeit verzichten, soll darum nicht die Allgemeinheit ihr Risiko tragen müssen. Das findet auch Sylvia Locher. Sie ist Präsidentin von Pro Single Schweiz. «Wenn ein Ehepaar beschliesst, dass die Frau nicht arbeiten gehen soll, dann soll sie sich privat absichern!» Die Gesellschaft müsse Kinder finanzieren, nicht Verheiratete. «Verheiratet zu sein, ist per se keine Leistung.»

Gewusst, dass auch kinderlose geschiedene Frauen eine Rente erhalten, wenn ihr Ex-Mann verstirbt? Voraussetzung: Die Frau war bei der Scheidung mindestens 45 Jahre alt, und die Ehe hatte mindestens zehn Jahre Bestand. Also, liebe Frauen, die ihr des Ehelebens überdrüssig sind. Übersteht das verflixte siebte Ehejahr. Es könnte sich lohnen.

Apropos: Ich spreche hier nur von kinderlosen Paaren. Dass Frauen oder Männer mit unterstützungspflichtigen Kindern Anspruch auf eine Rente haben, ist unbestritten. Das gilt auch für Geschiedene, die vom Ex-Mann Alimente erhielten. Nur muss man wissen, dass ab zwei Kindern die Summe all der Hinterlassenenrenten für Frau und Kinder aus der ersten und zweiten Säule nicht selten höher ausfällt als die Kinder- und Ehegattenalimente, die man vom Verstorbenen erhalten hatte. Na ja, vielleicht ist es besser, wenn man das nicht weiss. 

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