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Gopfried Stutz über die Unfallversicherer, die sich gerne ums Zahlen drücken
Nicht Helsana ist unmenschlich, die Politiker sind es

Unfallopfer haben meistens nicht die Kraft, um sich mit juristischen Mitteln zur Wehr zu setzen.
Publiziert: 10.08.2019 um 20:34 Uhr
Claude Chatelain, Kolumnist SonntagsBlick und Publizist.
Foto: Paul Seewer
Claude Chatelain

Es stand im BLICK vom Montag. Der Fall ist exemplarisch, deshalb will ich ihn hier aufgreifen. Es geht um die Helsana-Unfallversicherung, die nicht zahlen will, weil der gesundheitliche Schaden angeblich schon vorher bestanden habe.

Beim Joggen wurde Merve Balta aus Märstetten TG niedergeschlagen und ausgeraubt. Kieferbruch, ausgeschlagene Zähne und eine posttraumatische Belastungsstörung sind die Folgen. Die 23-Jährige nahm danach ihre Arbeit wieder auf. Doch Angstattacken hindern sie daran. Der Arzt hat sie krankgeschrieben. Sie ist derzeit arbeitsunfähig.

Die Helsana-Unfallversicherung, wo die junge Frau via ihren Arbeitgeber versichert ist, bezahlte zwar die Behandlung des Kieferbruchs, nicht bezahlen will sie hingegen die Folgekosten, etwa die Behandlung in der psychiatrischen Klinik in Münsterlingen TG. Das Überfallopfer litt während ihrer Pubertät an psychischen Problemen. Deshalb stellt sich die Unfallversicherung auf den Standpunkt, dass die Angstattacken nicht auf den Unfall zurückzuführen seien, dass das gesundheitliche Problem schon vorher bestanden habe und die Folgekosten deshalb von der Krankenkasse zu bezahlen seien.

Eine von der Helsana-Unfallversicherung beauftragte Psychiaterin sieht das anders. Sie schreibt in einem Gutachten, die Traumafolgestörung sei durch den körperlichen Übergriff ausgelöst worden.

Das Vorgehen ist typisch: Man lehnt die Zahlungspflicht ab und schaut, was passiert. Das Vorgehen zahlt sich meistens aus. Schliesslich zahlt ja die Krankenkasse. Deren Leistungen sind zwar schlechter als jene des Unfallversicherers. Die Unfallopfer nehmen dies meist in Kauf. Sie haben nicht die erforderliche Energie, um sich mit juristischen Mitteln zur Wehr zu setzen.

Auch die Krankenkassen werden sich kaum auflehnen. Im Unterschied zu Unfallversicherern sind sie keine Gewinnmaximierer. Zudem hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus.

Anders die 23-jährige Thurgauerin. Sie schaltet einen Anwalt ein. Nun läuft die Wiedererwägung, und womöglich wird die Unfallversicherung auf ihren Entscheid zurückkommen.

«Ich finde es wahnsinnig unmenschlich, dass die Helsana mich hier im Stich lässt», sagte Merve Balta gegenüber meinem Kollegen vom BLICK.

Ich finde diesen Satz bemerkenswert. Vielleicht auch deshalb, weil ich altersbedingt etwas abgebrüht bin. Menschlichkeit würde ich von einem Unfallversicherer nie erwarten. Sein Ziel besteht darin, Geld zu verdienen, nicht Menschen zu helfen.

Zudem haben die Unfallversicherer das Gesetz auf ihrer Seite. Es wäre an den Politikern, Gesetze zu schaffen, die solch ungerechtes Handeln unterbinden. Denn mit der künstlichen und juristischen Unterscheidung zwischen Krankheit und Unfall sind derlei Machenschaften programmiert. Unmenschlich ist nicht Helsana. Unmenschlich sind unsere National- und Ständeräte, die solchem Tun tatenlos zuschauen. 

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