Gopfried Stutz über ältere Männer, die eine Kinderrente bekommen
Nicht nur IV-Rentner, auch AHV-Rentner erhalten Kinderrente

Von einer Kürzung der Kinderrente wären insbesondere IV-Rentner betroffen.
Publiziert: 17.08.2019 um 18:26 Uhr
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Aktualisiert: 18.08.2019 um 15:55 Uhr
Claude Chatelain, Kolumnist SonntagsBlick und Publizist.
Foto: Paul Seewer
Claude Chatelain

Ich staune immer wieder, wie die Leute grosse Augen machen, wenn ich ihnen das Phänomen der Kinderrente erkläre. Wohlgemerkt, ich spreche von Frauen und Männern, die sich sehr wohl für Politik und Gesellschaft interessieren. Über Kinder- und Ausbildungszulagen wissen sie Bescheid. Nicht bekannt ist den meisten aber, dass AHV-Rentner Anspruch auf eine Kinderrente von der AHV und der Pensionskasse haben, sofern das Kind unter 25 Jahre und noch in Ausbildung ist. Die Kinderrente beträgt ein Mehrfaches der Ausbildungs- und Kinderzulagen.

Ich greife dieses Thema auf, weil die Gesundheitskommission des Ständerats Anfang Woche sich mit diesem Phänomen befasste. Im Frühjahr hatte der Nationalrat beschlossen, die Kinderrente von 40 auf 30 Prozent der AHV-Rente zu senken. Bei einer AHV-Rente von zum Beispiel 2000 Franken gäbe es dann pro Kind noch 600 statt 800 Franken.

Doch die Ständeräte wollen von einer Kürzung nichts wissen. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn von einer Kürzung wären nicht nur AHV-Rentner, sondern insbesondere auch IV-Rentner betroffen.

47 Prozent der IV-Rentnerinnen und -Rentner beziehen Ergänzungsleistungen. Würde ihnen die Kinderrente gekürzt, erhöhten sich automatisch die Ergänzungsleistungen (EL), die wiederum von den Kantonen zu bezahlen sind. Dass sich die Standesvertreter dagegen wehren, ist verständlich.

Mag also die Kinderrente bei IV-Rentnern durchaus ihren Zweck erfüllen, darf man das Gleiche bei AHV-Rentnern jedoch bezweifeln. Ich kenne etliche Väter, die eine Kinderrente erhalten und es wirklich nicht nötig hätten. Ich gehöre auch dazu. Es ist nun mal so, dass heute mehr und mehr Männer im fortgeschrittenen Alter noch Kinder zeugen, nicht selten mit der zweiten Frau. 2001 zahlte die AHV für Papi-Renten 67 Millionen Franken; 2017 waren es bereits 184 Millionen, fast dreimal mehr. Dies habe ich in meiner Kolumne vom 2. Juni geschrieben.

Uiuiui, was habe ich darauf für ein böses Mail gekriegt. 5700 Zeichen umfasste der mit Häme und Beleidigungen durchsetzte Text, fast doppelt so viele wie meine Kolumne. «Ja, ich bin ein Täter, ich habe es vollbracht – und ich bin Vater einer nun fünfjährigen Tochter, und ja, ich bin pensioniert», schreibt er mir. Die AHV-Rente werde ihm von allen gegönnt. Seine Frau arbeite als Pflegefachfrau HF. «Alles normal? Nein, aus der rechten Ecke kriecht langsam der Neid hervor, weil wir schamlos eine Kinderrente der AHV und der Pensionskasse einsacken», so der 65-Jährige und Vater einer fünfjährigen Tochter.

Na ja, die Väter, auf die ich oben hingewiesen habe, beziehen eine Kinderrente für ein paar Jahre. Wird der eben zitierte Mann 85 Jahre alt, was ich ihm gönne, so bezieht er 20 Jahre die Kinderrente, sofern seine Tochter studiert. Soll jeder selber beurteilen, was davon zu halten ist.

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