Gopfried Stutz!
Katze beisst Frau – wer zahlt?

Wenn ein Versicherer an die falsche Grossmutter gerät.
Publiziert: 14.08.2017 um 06:38 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2018 um 20:52 Uhr
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Erinnern Sie sich an «Gopfried Stutz!» vor drei Wochen? Da schrieb ich über einen Schweizer auf Kuba, der am Strand spazieren ging: Überfall. Rucksack weg. Handy weg. Versicherung will nicht zahlen. Wegen mangelnder Sorgfalt. Ombudsmann greift ein. Versicherung zahlt schliesslich doch.

Diese Geschichte, hier im Zeitraffer erzählt, brachte Friedy Müller-Gresch «zum Schmunzeln», wie sie sagt: Vor zwei Jahren hütete sie bei ihrer Nachbarin die Katze und trat ihr beim Füttern aus Versehen auf den Schwanz. Wer sich mit Tieren auskennt, wird bestätigen, dass Katzen das nicht schätzen.

«Sie hat sich natürlich gewehrt und mich ins Bein gebissen», berichtet Friedy Müller-Gresch. Die Hausärztin verpasste ihr sofort eine Tetanusspritze und verschrieb Antibiotika. Dennoch wurde die Verletzung eitrig. Die 74-Jährige musste ins Spital, der Chirurg operierte notfallmässig. Einen Monat dauerte es, bis die Infektion verheilt war. In dieser Zeit hatte Müller-Gresch Tag und Nacht ­einen Apparat am Bein, der das Sekret aus der Wunde pumpte.

Ihre Nachbarin meldete den Schaden der Versicherung – klassischer Fall von Privathaftpflicht, möchte man meinen. Doch das Unternehmen lehnte ab, weil der Biss von ­einer Katze stammte. Wäre es ein Hund gewesen, hätte man bezahlt!

Typisch, bei alten Leuten kann man es ja versuchen, dachte Friedy Müller-Gresch. Dann dachte sie: «Da haben sie sich die falsche Grossmutter ausgesucht!» Müller-Gresch war fast 30 Jahre lang Richterin in Biel BE und weiss sich zu wehren. Sie schrieb der Versicherung einen Brief. Drei Tage darauf hatte sie das Geld.

Nun – dass eine Versicherung Hundebisse und Katzenbisse anders einstuft, ist gar nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick scheint.

Dazu ein Beispiel: Die Katze dringt durch ein offenes Fenster beim Nachbarn ein und verursacht einen Schaden. Katzen darf man frei laufen lassen. Die Katzenhalterin ist nicht haftbar. Ein Hundehalter aber haftet wegen mangelnder Aufsicht, wenn das Tier in Nachbars Wohnung eindringt. Denn einen Hund darf man in aller Regel nicht einfach frei laufen lassen.

Nun ist es haftpflichtrechtlich ein Unterschied, ob das Tier wegen mangelnder Aufsicht einen Schaden verursacht, oder weil man ihm wehtut. Auch ein Hund wird unter Umständen beissen – sicher aber jaulen – wenn man ihm auf den Schwanz tritt. Für einen solchen Biss wäre der Hundehalter nicht haftbar. Er hat ja seine Aufsicht nicht verletzt.

So viel zur gesetzlichen Haftpflicht. Gewisse Versicherer jedoch versprechen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) Leistungen, die über die gesetzliche Haftpflicht hinausgehen. In solchen Fällen zahlen sie auch bei Katzenbissen. Manchmal aber erst, nachdem man reklamiert hat.

«Überall muss man sich wehren», klagt Friedy Müller-Gresch. Es galt für sie. Es galt auch für den Schweizer am Strand von Kuba.

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