Fix zur Gesellschaft
Ich möchte nicht, dass ihr seine Lieder singt

Konzerte können einen auf die Zerreissprobe stellen. Viele Leute auf einem Haufen, mitsingendes Publikum und fotografierende Fans. Doch dann erlebte unsere Autorin die längste Zugabe ihres Lebens.
Publiziert: 16.02.2019 um 12:05 Uhr
Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin.
Foto: Thomas Meier

Erst will ich hin, bin ich da, will ich weg. Nicht wegen der Musik. Wegen der Leut. Die Leut am Konzert, die können sich vielleicht benehmen. Immer bei so Ansammlungen. Man müsste sie konsequent meiden. Meiden müsste man sie konsequent. Konsequent meiden müsste man sie. Sie müsste man konsequent meiden. Okay, schon gut.

Montagabend in einem Konzertlokal in Zürich. Müde, und halb krank. Ich denke an eine heisse Wanne. Zum Glück ist meine Freundin dabei. Wir bleiben hinten beim Ausgang. Oder Eingang, je nach Perspektive. Keine Lust auf Gedrängel, keinen Bock auf Riesen vor mir. Wer kennt es nicht: Man hat sich ein tolles Plätzchen ergattert, freie Sicht auf die Bühne, da windet sich von hinten jemand Reihe für Reihe nach vorne und bleibt direkt vor der eigenen Nase stehen. Wir beobachten all die Pärchen, die hereinströmen. Freundinnen, vereinzelt Jungsgruppen. So ist das eben bei einem deutschen Liedermacher, der melancholische Texte trällert. Er legt los. Schon bei den ersten Songs setzt er immer wieder aus und lässt das Publikum singen. Will er sehen, ob die Schweizer brav seine Texte gelernt haben? Hat er selber nicht so Bock? Die Dreier-Gruppe hinter mir gibt alles. Jede Silbe, jede Betonung kennt man. Ich hör also dem Mädchenchor hinten zu, die Songs singen, die ich genauso kann. Ich will sie aber von ihm hören, deshalb bin ich hier. Neben mir versucht eine Besucherin Fotos mit dem Smartphone zu machen. Wieso will man ein Bild von einer beleuchteten Bühne mit einer schwarzen Silhouette? Es könnte Jon Bon Jovi oder Roland Kaiser sein. Die Bilder sieht man sich eh nie wieder an.


Dann das berühmte Konzert-Ende: Das Publikum ruft Zugabe, die Musiker verschwinden von der Bühne, doch es werden Gitarren hergerichtet. Kommen sie noch mal? Klar! Es gibt eines der bekanntesten Lieder als Krönung. Danach ist Schluss. Die Besucher schlendern aus dem Saal. Zeit, nach Hause zu gehen, ist ja Montag. Das Arbeitsgspändli, das man traf, sagt weise: «Wartet, es geht noch weiter!» Tatsächlich, er tritt wieder auf die Bühne und haut – ohne Witz – mindestens noch mal sechs (!) Lieder raus. Wir tanzen und singen mit (nur beim Refrain!). Zum Glück ist der Mädchenchor schon weg!

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