ETH-Rats-Chef Michael Hengartner erklärt
Mehr Einhörner für die Schweiz!

Michael Hengartner ist Präsident des ETH-Rats – und damit so etwas wie der Chef-Forscher der Schweiz. In seiner Kolumne erklärt er Wissenswertes aus der Wissenschaft. Diese Woche: Warum es in der Schweiz zwei neue «Einhörner» gibt.
Publiziert: 29.06.2022 um 19:37 Uhr
Michael Hengartner erklärt, warum das Start-up Scandit eines der beiden neuen «Einhörner» der Schweiz ist.
Michael Hengartner

Gute Neuigkeiten: In der Schweiz gibts zwei neue Einhörner! Die aus der ETH Zürich heraus entstandenen Start-ups Scandit und Climeworks sind seit kurzem über eine Milliarde Franken wert. Da ein Start-up-Unternehmen nur extrem selten diese Marke knackt, spricht man von einem «Einhorn».

Climeworks ist Ihnen vielleicht von den Schlagzeilen über den «CO2-Sauger» her ein Begriff. Mit diesem wird CO2 aus der Luft gefiltert, das dann beispielsweise im Boden gespeichert werden kann. In der Schweiz hat Climeworks schon mehrere kleinere Anlagen gebaut, eine erste grosse Anlage befindet sich in Island, wo sich das vulkanische Gestein besonders gut zur langfristigen Einlagerung von CO2 eignet.

Scandit wiederum ist auf das Scannen spezialisiert. Insbesondere auf Barcodes. Das funktioniert bei Scandit auch bei schlechtem Licht, auf grössere Distanz, aus steilem Winkel oder bei beschädigten Codes. Daneben stellt die Firma aber auch Software für die automatische Texterkennung her oder fürs Scannen von Ausweisen.

Insgesamt gibt es in der Schweiz ein paar Dutzend Einhörner. Natürlich würde ich mir wünschen, wir hätten mehr davon. Aber wie wäre das zu schaffen?

An cleveren Ideen fehlt es nicht: die Schweiz ist Innovationsweltmeisterin. An unternehmensfreudigen Menschen fehlt es auch nicht. Die Schweiz macht viel, um junge Menschen gut auszubilden. Der Schritt ins Unternehmertum wird von Schulen, Stiftungen, kantonalen Wirtschaftsförderungen und weiteren Organisationen aktiv begleitet und unterstützt. Schliesslich haben alle ein Interesse daran, dass gute Geschäftsideen hier gedeihen können. Auch Startkapital finden erfolgversprechende Start-ups meist relativ leicht. Die Zahl der Schweizer Start-up-Gründungen hat denn auch stark zugenommen.

Wo es aber immer noch stockt, ist in der darauffolgenden Wachstumsphase. Schweizer Start-ups entwickeln sich viel seltener zu Einhörnern als solche in anderen Ländern wie den USA oder Israel. Was fehlt uns? Mut und Ambition? Optimale rechtliche Rahmenbedingungen? Wachstumskapital? Studien legen nahe, dass das Letztere eine erhebliche Rolle spielen könnte.

In vielen Staaten kommt hier ein Staatsfonds ins Spiel, der in die interessantesten Firmen mitinvestiert und ihr Wachstum damit fördert. Das sind Investitionen, die sich lohnen, denn neben der zu erwartenden finanziellen Rendite bietet ein erfolgreiches Unternehmen Arbeitsplätze, bringt Steuereinnahmen und zieht weitere innovative Unternehmen an. Der Bundesrat schlägt nun die Schaffung eines solchen Fonds auch für die Schweiz vor. Natürlich liegt der Teufel immer im Detail, aber grundsätzlich wäre so ein Investitionsprogramm für Jungunternehmen eine schlagkräftige Förderung. Damit künftig noch mehr Einhörner durch die Schweizer Start-up-Landschaft galoppieren und unsere Innovationskraft auch in Zukunft Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand sichern kann.

Mit dieser Kolumne verabschiede ich mich von Ihnen. Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen alles Gute – auf Wiedersehen!

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