Kennen Sie Pele? Nein, gemeint ist in diesem Fall nicht die brasilianische Fussballlegende. Die vier Buchstaben sind die nüchterne Abkürzung für Personal Electronic Learning Environment. Auch wenn Pele deutlich weniger Emotionen freisetzt als Pelé, so hoffe ich doch, dass Sie die folgende Kolumne zu Ende lesen (Zeitaufwand: knapp vier Minuten).
Die Lernumgebung Pele ist an der ETH aus einem Bedürfnis heraus entstanden, Hunderten von Studierenden aus den Naturwissenschaften die Grundlagen des Programmierens beizubringen. Und zwar effizient, individuell und fachbezogen. Pele ist verknüpft mit einem E-Tutorial, das die Studierenden in fünf Modulen durch den Kurs führt: Erst lernen sie die Grundkonzepte, üben diese, wenden sie dann im spezifischen Kontext ihres Studiums an und erklären das Gelernte schliesslich in einem Abgabegespräch den Assistierenden, die sie durch den Kurs betreuen.
Die Studentin der Gesundheitswissenschaften versucht, mit ihren neu erworbenen Informatikkenntnissen eine sich ausbreitende Krankheit einzudämmen, der Student der Umweltwissenschaften eine Meeresströmung zu berechnen. Die Dozierenden ihrerseits erhalten durch integrierte Analysemöglichkeiten wertvolle Hinweise darauf, wann, wie und wie lange gelernt wird oder welche Schritte besonders schwierig sind. Mit der Lernumgebung arbeiten über 1000 Studienanfänger aus fünf Departementen. Das E-Tutorial wird mittlerweile auch von andern Universitäten oder Gymnasien verwendet.
Elektronische Prüfung gibts an der ETH seit zwölf Jahren
Die Art und Weise, wie wir uns Wissen aneignen und dieses weitergeben, hat sich stark gewandelt, seit ich selber die Schulbank drückte. Flipped Classroom, Massive Open Online Courses (MOOCs), Blended Learning sind nur einige Stichworte für neue Formen der Wissensvermittlung, die den Unterricht an den Universitäten verändert haben.
Bereits seit 2007 gibt es an der ETH elektronische Prüfungen. Seit 2012 die EduApp, die Studierende direkt in der Vorlesung für Feedback und Fragen nutzen können. Und seit 2018 nutzt die Pharmazie HoloLens-Brillen und Mixed-Reality in ihrem Praktikum, um grundlegende Prinzipien der Proteine zu erklären.
Gegen 200 Projekte – kleinere und grössere – haben in den vergangenen 15 Jahren Eingang in den Unterricht gefunden. Ideen, die die Lehre beleben und die Lernerfahrung bereichern, werden unter der Schirmherrschaft von Rektorin Sarah Springman ausgezeichnet. So hat die eingangs erwähnte und am Departement Informatik entwickelte Lernumgebung den Kite-Award gewonnen – unseren Preis für Innovationen in der Lehre.
Technik wird den Menschen nie ersetzen
Digitale Medien und webbasierte Technologien schaffen einen Mehrwert und sind aus dem Unterricht nicht mehr wegzudenken: Sie öffnen neue Verbreitungskanäle, machen das Studium individuell anpassbar, ermöglichen datengestützte Einblicke in die Lernfortschritte und vieles mehr.
Aber so toll die Technik auch ist, den Menschen ersetzen kann sie nicht. Keine Maschine kann Motivation, didaktisches Geschick und Glaubwürdigkeit einer guten Lehrerin, eines guten Lehrers aufwiegen. Und so bleibt auch heute noch die Interaktion zwischen Professorin und Doktorand, zwischen Assistent und Studentin unverzichtbar. Lernen ist eine soziale Handlung und wird es bleiben. Pele alleine genügt somit nicht. Gefragt sind ebenso Pelés des Unterrichts.