Lassen Sie uns spielen. Poker zum Beispiel. Da können wir viel lernen von Yanis Varoufakis, dem griechischen Finanzminister. Markanter Schädel, durchtrainierter Körper. Immer in Lederjacke unterwegs. Ein Polit-Rocker, der markige Worte liebt, auf das übliche Politgesäusel pfeift und dafür als linker Neo-Politiker grosse Bewunderung geniesst – bis weit ins rechte Lager hinein.
Zurzeit spielt Varoufakis Poker mit Brüssel. Er hat ein mieses Blatt: Sein Land ist bankrott, es hat nichts zu bieten. Dennoch fordert der Athener einen Schuldenschnitt und ein Sozialprogramm für den ganzen Euroraum. Varoufakis pokert hoch. Doch der studierte Spieltheoretiker weiss genau, wie man seinen Gegner einschüchtert. Für Brüssel ist der angedrohte Austritt Griechenlands aus dem Euroraum ein Schreckensszenario. Varoufakis hingegen hat nichts zu verlieren am europäischen Spieltisch. Und kassiert erst noch Applaus für sein forsches Auftreten.
Auch die Schweiz sitzt an einem Pokertisch mit Brüssel. Es geht um die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative. Auf den ersten Blick haben wir die besseren Karten. Die bilateralen Verträge sind für beide Seiten von grossem Nutzen. Die Schweiz überweist zwischen 2007 und 2017 bis zu 1,3 Milliarden Franken Kohäsionsbeiträge nach Brüssel.
Wir treten freundlich und leise auf. Adrett gekleidet. Lassen uns um der Freundschaft willen auch mal einen Schmatz auf die Wange drücken. Sind diplomatisch und still.
Die Frage stellt sich: Was bringt mehr – der harte Athener Poker oder das vorsichtige Berner «Eile mit Weile»? Wir werden sehen. Das Spiel hat begonnen.
Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen
Christine Maier