Liebe Leserin, lieber Leser
Diese Woche habe ich wie Hunderttausende die «Schweizerische Gewerbezeitung» aus dem Briefkasten gefischt. Absender war Hans-Ulrich Bigler, Chef des Gewerbeverbandes.
Ich gestehe: Auf den ersten Blick amüsierte mich das Blatt. Diese von einer Billag-Falle zerhackte Hand: ganz schön grobschlächtig, aber plakativ. Dann begann ich zu lesen – und konnte nur noch den Kopf schütteln.
Offensichtlich hat Bigler den Gewerbeverband auf einen bizarren Kreuzzug gegen das Schweizer Radio und Fernsehen geschickt. Kein Anwurf ist ihm zu grob, um die neue Billag-Gebühr als «Raubzug aufs Portemonnaie» darzustellen.
Auf acht Seiten tischt er nicht weniger als 14 Mal die Mär auf, die Billag-Gebühren stiegen schon bald auf 1000 Franken. Eine Behauptung, für die es nicht den geringsten Beleg gibt. SRG-Chef Roger de Weck und Medienministerin Doris Leuthard stellt er als hinterhältiges Räuberpärchen dar, das einem beim Fernsehen eingeschlafenen Zuschauer eine Tausendernote aus dem Portemonnaie zieht.
Der SRG unterstellt er «dubioses Finanzgebaren», also kriminelle Energie. Kein Zweifel: Hans-Ulrich Biglers Kampagne ist reine Demagogie, ein brutales Wutgebrüll, bei dem jedes vernünftige Argument verstummen muss.
Der Schaden, den der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes mit dieser Strategie anrichtet, ist beträchtlich. Die Interessenvertretung der Schweizer KMU-Wirtschaft wirkt plötzlich wie ein Kettenhund, der auf sein Kommando die Zähne fletscht.
Ist das der neue Schweizer Gewerbeverband – eine Bestie, die unsere Institutionen zerfleischt? Einer dieser Institutionen möchte Harley-Fahrer Bigler bald selber angehören: Im Herbst strebt er für die FDP in den Nationalrat. Ist sein wüstes SRG-Bashing die Blaupause für den Stil, der in der nächsten Legislatur von den Freisinnigen zu erwarten ist?
Nach der Kasachstan-Affäre um Christa Markwalder war in den letzten Tagen häufig zu hören, FDP-Chef Philipp Müller habe ein Problem. Das ist untertrieben. In Wahrheit hat Müller mindestens zwei Probleme. Eines davon heisst Hans-Ulrich Bigler.