Die Schweiz lieferte den US-Medien diese Woche ordentlich Futter. Nicht wegen Davos und der Brandrede, die Präsident Trump am Freitag hier womöglich halten wird. Für Aufsehen sorgte vielmehr ein Entscheid des Bundesrats, dass Hummer und Langusten vor dem Töten betäubt werden müssen. Bislang wurden die Tiere hierzulande – wie praktisch überall auf der Welt – einfach ins siedende Wasser geworfen.
Während die bundesrätliche Verordnung bei uns kaum Wellen schlug, berichteten «New York Times» und «Washington Post» ausführlich. Tierschützer spendeten auf Twitter Beifall – es hagelte aber auch Kritik konservativer Medien. Die Zeitschrift «National Review» erklärte die Schweizer für durchgeknallt, das reichweitenstarke Newsportal «Daily Caller» zu gefühlsduseligen Feiglingen.
Das ist nun wirklich durchgeknallt. Langusten und Hummer lehren uns freilich auch: Man kann die Schweizer Politik mit ganz anderen Augen sehen.
Das hilft dem Gemüt. Trump-Besuch, No Billag und die ewige Abschottungsdebatte drücken bei einem Teil der Bevölkerung die Stimmung. «Es ist bleiern im Land», stöhnt die «Wochenzeitung» in ihrer jüngsten Ausgabe.
Denn ja: Die Schweiz war diese Woche auch auf «Breitbart» ein Thema. Die Eidgenossenschaft – so jubelte die rechtsextreme US-Website – schicke sich an, die Personenfreizügigkeit mit der EU zu beenden.
Das ist der Wirklichkeit zumindest arg vorgegriffen. Wahr ist: Am Dienstag lancierte die SVP ihre Volksinitiative zur Kündigung des freien Personenverkehrs.
Permanent Obstruktion zu betreiben, ist das gute Recht der SVP, auf den immer gleichen Themen herumzureiten, ebenso.
Bloss war die Zuwanderung im letzten Jahr so tief wie seit 2007 nicht mehr. Und: Die Aussicht, dass wir während der kommenden 18 Monate abermals in Endlosschlaufe über vollgepferchte Züge diskutieren sollen – diese Aussicht hat in der Tat etwas Lähmendes.
Allerdings eröffnen sich jetzt gerade im Europadossier auch neue Perspektiven. Aussenminister Ignazio Cassis ist allem Anschein nach gewillt, im Inland aktiv für ein gutes Einvernehmen mit der EU zu werben. Sein Vorgänger hatte sich stets vor einer innenpolitischen Debatte gedrückt und damit zugelassen, dass die SVP über die Jahre schlimmste antieuropäische Vorurteile in unsere Köpfe pflanzen konnte.
An dieser Stelle aber noch einmal ein erfrischender Blick von aussen auf unser Land. Der renommierte US-Ökonom Alex Tabarrok weilte kürzlich in der Schweiz. Auf seinem Internetblog teilt er uns nun mit, warum die Alpenrepublik so friedlich, mithin so erfolgreich ist.
Mit Verweis auf eine bislang unbeachtete amerikanische Studie schreibt der Wirtschaftswissenschaftler: Die Ursache für die Stabilität der Schweiz liege in erster Linie in klar definierten topografischen Grenzen. Berge, Flüsse und Seen hielten sprachliche und kulturelle Gruppen voneinander getrennt, ermöglichten so eine natürliche Teilautonomie.
Für heimische Ohren klingt das ernüchternd. Alex Tabarrok selbst hält fest, ihm wäre eine politischere Begründung für das Erfolgsmodell Schweiz eigentlich lieber als die nackte Geografie. Spannend ist die These in jedem Fall.
Dieser Tage hilft sie uns ausserdem, vor lauter Aufregung über Trump nicht zu vergessen: Ab und an beehren uns scharfsinnige und an der Schweiz interessierte Amerikaner mit einem Besuch.