Fast drei Jahre sind vergangen, seit Donald Trump (73) seinen Amtsschwur auf den Stufen des ehrwürdigen Kapitols in Washington D.C. ablegte. Der US-Präsident behauptete hinterher, dass seine Amtseinführung von so vielen Menschen wie noch nie zuvor besucht wurde. Seine erste grosse Lüge. 13'434 weitere Falschaussagen folgten – gemäss einer Auswertung der «Washington Post» vom 9. Oktober 2019.
Doch so mickrig der Aufmarsch an jenem 20. Januar 2017 war, so riesig ist das Ausmass an Veränderungen, die die Hauptstadt in den kommenden Monaten und Jahre durchlebte. Ein Augenschein über mehrere Wochen vor Ort und mit dutzenden Gesprächen bei Think-Tanks, Mitarbeitern von Abgeordneten und einflussreichen Personen zeigt: Die US-Hauptstadt hat resigniert.
Das Land mit Politik vorwärtsbringen – daran glaubt hier derzeit kaum noch jemand. Mit früheren Administrationen, egal ob in demokratischer oder republikanischer Hand, habe es stets einen guten Austausch gegeben, sagt ein langjähriges und hochrangiges Mitglied einer einflussreichen Denkfabrik in Washington. Aber unter Trump? Tempi passati.
«Wenn dein Physikprofessor immer wieder behauptet, es gebe keine Gravitation, dann muss man die Diskussion irgendwann aufgeben», beschreibt der Mann die Resignation seiner Organisation bezüglich der Trump-Administration.
Impeachment und Wahljahr verdüstern den Ausblick
In den ersten zwei Jahren hat die Trump-Regierung immerhin eine grosse Steuerreform und eine weitreichende Justizreform hingekriegt. Seither läuft aber quasi nichts mehr. Die Demokraten, die die Halbzeitwahlen im November 2018 gewonnen haben und seither die Mehrheit im Repräsentantenhaus stellen, kriegen zusammen mit dem US-Präsidenten und seinen Republikanern nichts auf die Reihe.
Und der Ausblick bleibt düster: Mit dem im September eingeleiteten Impeachment-Verfahren und dem kommenden Wahljahr wird sich diese Bilanz nicht mehr verbessern. «Aufgeben ist ein grosses Wort», so der einflussreiche Mann. «Aber leider sind wir an diesem Punkt angelangt.»
Freihandelsabkommen für die Schweiz weit entfernt
Diese Washingtoner Resignation zeigt sich auch bei Handelsfragen – und hier kommt die Schweiz ins Spiel. Das von der Trump-Regierung neu ausgehandelte Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta (neu Usmca) ist seit über einem Jahr im Kongress blockiert. Eine weitreichende Lösung im Handelsstreit mit China ist nicht in Sicht und weitere Verhandlungen betreffend Freihandel wurden mit anderen Nationen abgebrochen oder auf Eis gelegt.
Dass die Schweiz ein Freihandelsabkommen mit den USA anstreben, ist spätestens seit dem historischen Besuch im Mai von Ueli Maurer (69) im Weissen Haus kein Geheimnis mehr. Damals versprühte der Bundespräsident noch Optimismus, sprach von «sehr guten Gesprächen» in einer «sehr guten Atmosphäre.» Trump habe offene Ohren für ein Freihandelsabkommen und stehe der Schweiz positiv gegenüber. Maurer sprach von einem Zeitrahmen von einem Jahr oder mehr für einen Abschluss.
Tatsächlich hat Bern mit der aktuellen US-Regierung so gute Kontakte wie schon lange nicht mehr. Doch die exklusiven Einblicke von BLICK in Washington zeigen auch: Die Schweiz ist weit davon entfernt, schon nur in offizielle Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten einzutreten.
Die «exploratorischen Gespräche», wie es Bern nennt, dauern nun bereits seit Februar an. Und weiter wird man unter Trump bis mindestens 2021 wohl auch nicht kommen. Das Freihandelsabkommen mit den USA wird für die Schweiz zum Marathon – und nicht wie gehofft zum Sprint.