Stets hat Robert Mueller gegen aussen eisern geschwiegen. Während seiner knapp zweijährigen Untersuchung mied der Sonderermittler die Kameras so gut es in Washington möglich war. Die Zeitungen und TV-Sender mussten immer dieselben Archivfotos hervorkramen, wenn es um die Russland-Affäre ging. Und ich war wohl nicht der Einzige, der sich nicht mehr an den Klang seiner Stimme erinnern konnte.
Doch am Mittwoch die grosse Überraschung: Mueller trat im Justizministerium in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz vor die Journalisten – und sprach. Endlich. Knapp zehn Minuten lang. Wort für Wort las er ein vorbereitetes Statement vor, in der ihm ganz eigenen Nüchternheit.
Wer den 448-seitigen Abschlussbericht las, wurde nicht überrascht. Neues gab der Sonderermittler nicht preis. Schon gar nicht seine persönliche Ansicht. Doch das hätte auch nicht zu ihm gepasst.
Erfrischend unpolitisch
Robert Mueller ist ein Republikaner alter Schule. Er liebt und respektiert das geltende Recht. Das zeigte sich in der Russland-Affäre daran, dass er Trump nicht wegen Justizbehinderung angeklagt hat, obwohl er dafür mehrere Beweise fand. Denn eine Richtlinie des Justizministeriums aus dem Jahr 1973 besagt, dass ein amtierender Präsident nicht angeklagt werden kann. Für Mueller war von Anfang klar, dass er sich daran halten wird. Eine Anklage gegen Trump stand nie zur Debatte.
Dass er nicht davor zurückschreckt, gegen politisch Gleichgesinnte vorzugehen, zeigt ein Beispiel aus seiner Zeit als FBI-Chef. Von George W. Bush 2001 ernannt war er es, der 2004 einen perfiden Plan des Weissen Hauses zunichtemachte. Als Bush seinen im Krankenhaus liegenden Justizminister John Ashcroft dazu bringen wollte, in den USA geheime Abhörprogramme ohne richterlichen Beschluss zu autorisieren, vereitelte Mueller diesen Plan.
Politik klammerte er damals wie auch heute aus. Mueller hat etwas vollbracht, was im heutigen Amerika undenkbar schwierig ist: Eine brisante, höchstgradig politische Untersuchung ganz unpolitisch zu führen – und unpolitisch abzuschliessen. Das in einer Zeit, wo in den USA alles noch viel mehr politisiert wird, als es in der Vergangenheit ohnehin schon wurde. Das Amt des Justizministers, die Besetzung des Obersten Gerichtshofs, die Geheimdienste. Die Liste liesse sich beliebig verlängern.
Mueller geniesst Heldenstatus
Weil bei Mueller nie der Eindruck entstand, dass er die eine oder andere Seite bevorzugen würde, ist sein Bericht so wertvoll. Demokraten wie auch Republikaner sehen ihn als unabhängige Instanz an und akzeptieren den Report – auch wenn sie ihn unterschiedlich interpretieren und auslegen.
Einzig Donald Trump und einige seiner eingefleischten Anhänger haben Mueller über zwei Jahre lang zu diskreditieren versucht. Doch genützt hat es nichts. Der Sonderermittler geniesst in Amerika Heldenstatus. Meine Kollegen, Demokraten wie auch Republikaner, haben in den letzten Wochen immer wieder vom Präsidenten Robert Mueller fantasiert.
Warum eigentlich nicht? Mueller hätte das Zeug, das Land mit seiner Reputation zu einigen. Es würde den USA nicht schaden, einen Präsidenten zu haben, der sich an das Recht hält und politischen Spielchen abschwört.
Doch letztlich wird Mueller im Oval Office eine Bieridee von meinen Freunden bleiben. Der 74-Jährige hat bei seiner Pressekonferenz deutlich gemacht, nun seinen Ruhestand mit Ehefrau Ann Cabell Standish geniessen zu wollen. Er hat auch keine Lust, vor dem Kongress auszusagen, wie es sich die Demokraten so sehnlichst wünschen.
Und wenn er letztlich mit einer sogenannten Subpoena dazu gezwungen werden sollte, würde er einfach aus dem Bericht vorlesen. Ganz unpolitisch, ganz Mueller eben.