BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld über den Vier-Kampf bei den ersten Vorwahlen der Demokraten in Iowa
Oh my God! Bernie Sanders könnte gewinnen

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um die ersten und wegweisenden Vorwahlen der Demokraten in Iowa.
Publiziert: 31.01.2020 um 19:30 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2020 um 07:27 Uhr
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Nicola Imfeld, USA-Korrespondent für BLICK.
Foto: Mario Heller
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Genug von den unzähligen Debatten und Wahlkampfauftritten – jetzt gehts endlich los! Am Montag finden die ersten Vorwahlen der Demokraten im US-Bundesstaat Iowa statt. Der Tag der Wahrheit für Joe Biden und Co.. Wer in Iowa gewinnt, holt sich in der Regel die Nomination der Partei. Seit dem Jahr 2000 ist das eine Regel ohne Ausnahme.

Doch dieses Mal dürfte alles anders werden. Spannender denn je! Seit Monaten zeichnet sich ein Kampf zwischen vier Kandidaten zweier Lager ab: Die in der Mitte – Ex-Vizepräsident Joe Biden (77) und Shootingstar Pete Buttigieg (38) – und die bei den Linken – Senator Bernie Sanders (78) und Senatorin Elizabeth Warren (70). Wer von diesem Quartett am Montag in Iowa gewinnen wird, ist völlig offen.

Joe Biden? Obamas Ex-Vize lag im Frühling in allen Umfragen klar vorne. Doch im Spätsommer schloss die Konkurrenz zu ihm auf.

Elizabeth Warren? Die Jura-Professorin hatte ihren grossen Moment in der dritten TV-Debatte, übernahm die Führung. Heute ist von ihrem einst komfortablen Vorsprung nichts mehr übrig.

Pete Buttigieg? Der Bürgermeister des Städtchens South-Bend genoss einen heissen Winter, führte im November und Dezember das Feld in Iowa laut den Umfragen an. Doch auch Buttigieg, wie Biden und Warren, konnte seinen Vorsprung nicht konservieren.

Bernie Sanders im Umfrage-Hoch

Bleibt vom Quartett übrig: Bernie Sanders, langjähriger Senator von Vermont. Er ist gefühlt seit sechs Jahren im Dauer-Wahlkampfmodus. 2016 unterlag er mit einem sehr linken Programm Hillary Clinton (72). Damals wie heute wurde er nie so richtig ernst genommen. Im laufenden Wahlkampf schien es lange, als ob seine Senatoren-Kollegin Elizabeth Warren die jungen, links-liberalen Wähler besser erreichen würde. Spätestens als Sanders im Spätherbst einen Herzinfarkt erlitt, hatten ihn auch die letzten Experten abgeschrieben.

Zu früh, wie sich nun herausstellt! Bernie Sanders hat in dieser Woche zum allerersten Mal die Führung in den Umfragen übernommen. Nicht nur in Iowa, auch im Bundesstaat New Hampshire, der Mitte Februar als zweites an der Reihe sein wird, liegt Sanders vorne. Zudem sammelte der 78-Jährige am meisten Spendengelder. Quasi unbemerkt zog er in den letzten Wochen an Biden, Buttigieg und Warren vorbei – an die Spitze. Wahnsinn!

Bernies Trick? Er liess die Welt glauben, dass er keine Chance auf die Nominierung hat. Wirtschaftsführer aus New York und San Francisco, darunter Facebook-CEO Mark Zuckerberg (35), konzentrierten sich 2019 auf die Kandidatur von Elizabeth Warren. Sie fürchteten die Senatorin von Massachusetts. Ihre teilweise sozialistischen Reformpläne wurden scharf angegriffen. Und Bernie Sanders? Der konnte still und heimlich weitere Wähler für sich gewinnen. Auch seine demokratischen Mitstreiter fokussierten sich auf Warren. Um ihr eins auszuwischen, nahmen sie gar in Kauf, Sanders zu loben. Bernie sei wenigstens «ehrlich», wenn es um Steuerhöhungen gehe, sagte Präsidentschaftskandidatin Amy Klobuchar (59) während einer Debatte an Warren gerichtet. Bernie schmunzelte.

Sanders: «Ich bin ihr grösster Albtraum!»

Heute dürfte sich so mancher Demokrat wünschen, er hätte Bernie Sanders früher ernst genommen. Der parteilose Senator sagte am Sonntag bei einer Wahlkampfveranstaltung fast schon triumphierend: «Plötzlich ist das Establishment der Demokraten nervös wegen unserer Kampagne. Wir haben auch die Wall Street nervös gemacht! Sie realisieren nun, dass das wirklich passieren könnte. Ich bin ihr grösster Albtraum!»

Noch ist es nicht soweit. Aber es würde einer gewissen Ironie nicht entbehren, wenn ausgerechnet der parteilose Bernie Sanders demokratischer Präsidentschaftskandidat werden würde. Nominierter von der Partei, die seit über drei Jahren gegen US-Präsident Donald Trump wettert und alles besser wissen will. Aber es dann nicht mal schafft, einen Mann oder eine Frau aus den eigenen Reihen aufzustellen.

Klar scheint vor dem wegweisenden Montag: Es dürfte in den folgenden Wochen auf einen Zweikampf zwischen einem Mitte- und einem Linke-Kandidaten herauslaufen. Und, oh my god, Bernie Sanders ist wohl mittendrin statt nur dabei.

US-Wahlen 2020

Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.

Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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