Der BBC-50:50-Wettbewerb kostet nichts, benötigt zwei Minuten am Tag und ist freiwillig. Wer teilnimmt, erhebt nur Daten, zählt jeden Abend die weiblichen und männlichen Protagonisten und führt darüber Buch. 500 Teams haben mitgemacht. Allein, dass sie täglich darüber nachdachten, veränderte alles.
Sogar die Sportredaktion und BBC Arabic haben ausgewogenere Verhältnisse erreicht. In ihrem einjährigen Versuch hat die britische Rundfunkanstalt gemerkt, dass es genug Frauen gibt, welche die Welt erklären können. Und noch etwas zeigte der Versuch: Frauen kommen beim Publikum an.
Alle Studien, die bisher ausgewertet haben, wer in den Medien zu Wort kommt, zeigen groteske Missverhältnisse. Die aktuellste Erhebung in der Schweiz zeigt, dass 79 Prozent der Politiker in den Medien Männer und nur 21 Prozent Frauen sind. Eine andere Studie hat ausgewertet, dass in den Wirtschaftsmedien zu 95 Prozent die Männer das Sagen haben. Nur gerade mal 5 Prozent der Personen waren Frauen.
Ist eigentlich mal jemand auf die Idee gekommen, dass sich Frauen nicht für Wirtschaft, Politik oder Sport interessieren, weil sie darin schlicht nicht vorkommen? Medien haben Frauen als Kundinnen und Leserinnen seit Jahren grob vernachlässigt.
Immer mehr Medien merken, dass ihnen ohne Expertinnen einfach auch richtig viel Geld entgeht. Wer Frauen nicht anspricht, verzichtet auf Umsatz. Es geht also nicht nur um Gerechtigkeit, sondern auch ums Geschäft.
In Grossbritannien sind auch deswegen mittlerweile mehr als 20 Pressehäuser dem BBC Beispiel gefolgt und in den 50:50-Wettbewerb eingestiegen. So zum Beispiel die «Financial Times», ABC News und «Fortune». Die «Financial Times» setzt sogar einen Bot ein, der Journalisten alarmiert, wenn sie zu häufig Männer zitieren. Das Tool scannt die Texte auf Pronomen und Vornamen.
Liebe Schweizer Medienhäuser, warum sammelt ihr diese Zahlen nicht? Ihr seid an der Quelle. Die Daten sind alle da. Angst vor den Resultaten? Es scheint, als wolltet ihr das gar nicht so genau wissen. Aber erst wenn Ungleichheit sichtbar wird, kann sie gezielt vermieden werden. Kennzahlen helfen, Blindflüge zu vermeiden.
Die Idee zum BBC-Wettbewerb hatte übrigens ein Mann: der Moderator Ros Atkins. Auch er persönlich hat von mehr Expertinnen profitiert: Seine Show hat seit dem Versuch ein Viertel mehr Zuschauerinnen und Zuschauer gewonnen. #aufbruch
*Patrizia Laeri (42) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch für BLICK.