#aufbruch mit Patrizia Laeri
Darum bestelle ich nicht mehr bei Zalando

Null Prozent Frauen in der Chefetage von Zalando geht gar nicht. Ein offener Brief unserer Kolumnistin an die Bosse in der Chefetage des Kleiderriesen.
Publiziert: 15.05.2019 um 08:00 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2019 um 10:21 Uhr
Patrizia Laeri, Wirtschaftsredaktorin.
Foto: Thomas Buchwalder
Patrizia Laeri

Sehr geehrte Herren von Zalando

es war hart, von Euch wegzukommen in den letzten Wochen. Ihr macht ja fast ein wenig süchtig. Und Ihr seid so bequem. Ich bin dazu überdurchschnittlich digital neugierig, mag smarte Apps und liebe es, mein Leben digital zu optimieren. So habe ich mehr Zeit für meine Recherchen, aber vor allem auch für meine Kinder. Alle benötigten Kleider für die Familie werden dank schlauer Filter schnell gefunden, auf die Wunschliste gesetzt und via Alarm ab 20 Prozent Reduktion dann auch gekauft. Ich kaufe schon seit einem Jahrzehnt alles online. Und ja, ich war eine Traumkundin für Euch. Aber jetzt nicht mehr.

Ich habe nicht gewusst, dass Ihr Euch null Prozent Frauen auf der Chefetage zum Ziel gesetzt habt, wie der jährliche AllBright-Bericht zeigt. 

Und wenn ich so mit meinen Freundinnen spreche, dann wussten die das auch nicht und glauben mir kaum, dass dem wirklich so ist. So ist es aber. Und wer diese Nachricht erst mal auf sich wirken lässt, der hat auf einmal keine Lust mehr, einem Konzern beim Geldverdienen zu helfen, der Frauen bewusst aus der Chefetage ausschliesst. Und der zuckt auch jedes Mal nicht mehr freudig, sondern wütend zusammen, wenn er eine Postbotin mit Zalando-Paket auf der Strasse sieht.

Klar, ist die Modeindustrie generell sehr männlich dominiert, aber es gibt grosse skandinavische Modeketten, bei denen Frauen auch im Leitungsgremium willkommen sind, oder immer mehr nachhaltige reine Online-Brands, hinter denen innovative Gründerinnen stehen. Und auch unter Luxusbrands findet sich Mode, die von Frauen entworfen und gemanagt wird – oft mit besonders nachhaltigem oder tierschützerischem Engagement. Und verstehen Sie mich nicht falsch: Ich mag Männer und arbeite sehr gerne mit ihnen zusammen. Es ist bereichernd. Ich würde deshalb auch nie Männer aus der Wirtschaftsredaktion ausschliessen und mir ein Ziel null Prozent Männer setzen. Das wäre absurd, oder?

Schauen Sie, die Rechnung ist doch ganz einfach: 80 Prozent der Kaufentscheidungen treffen Frauen. Vielleicht würde es Ihnen gar wirtschaftlich was bringen, wenn Sie in der Geschäftsleitung jemand sitzen hätten, der Ihre Kundinnen auch wirklich versteht? Sie haben beispielsweise keinen Filter, der nachhaltige Kleider sucht oder nach Mode, die soziale Projekte unterstützt oder Kinderarbeit ausschliesst. Wenn Sie eine Frau in der Geschäftsleitung hätten, wäre Ihnen das allenfalls schon längst eingefallen. Denn die Kundinnen von heute sind da ein wenig sensibler. Auch wenn es darum geht, Frauen bewusst auszuschliessen.

Nicht alle von uns sind aber nachtragend, da kann ich Sie beruhigen, vielleicht hätten Sie gar wieder Chancen bei uns, wenn Sie Ihren Chefinnen- dem Kundinnen-Anteil anpassen. Einen ähnlichen Brief habe ich übrigens auch den Herren von Fielmann geschickt. Das Brillenimperium hat nämlich auch null Prozent Frauen als Ziel. Wäre schon ganz spannend zu sehen, wie die Geschäfte so laufen würden mit null Prozent Frauen als Kundinnen. #aufbruch

Hochachtungsvoll, Ihre Ex-Kundin

Patrizia Laeri (42) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch für BLICK.

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