Man nennt das emotionale Erpressung, und allein das ist ein triftiger Grund, die Beziehung zu beenden. In Ihrem Fall wirkt die Methode aber offenbar: Sie lassen sich einschüchtern und führen die Beziehung weiter.
Trennungen sind etwas Bedrohliches und Chaotisches. Sie zerstören eine gewohnte Struktur und katapultieren uns ins Ungewisse. Falls wir ein ängstliches Naturell haben und mit Ungewissheit nicht gut umgehen können, ist nur schon der blosse Gedanke an eine Trennung eine Katastrophe, und wir wollen sie um jeden Preis vermeiden. Dieser kann sogar bedeuten, dass wir
todunglücklich sind in unserer Beziehung – das ist uns dann, da gewohnt, immer noch lieber als das erwähnte Chaos.
Ihre Partnerin müsste sich mit der Frage auseinandersetzen, woher ihre Ängste rühren und warum sie so ein schlechtes Bild von der Trennung und dem Alleinsein hat. Die Antworten werden in ihrer Kindheit liegen, und der Blick dorthin ist üblicherweise mit einer Menge Schmerz verbunden. Aber wenn wir ihn unterlassen, werden wir unser Handeln nie verstehen und dieses immer nur darauf anlegen, unangenehme Gefühle zu vermeiden.
Dasselbe tun ja auch Sie, indem Sie sich vom Drama beeindrucken lassen, das Ihre Partnerin veranstaltet. Warum ist es für Sie so schlimm, jemanden zu enttäuschen? Warum stellt die mögliche Trennung Ihr Selbstbild des anständigen Menschen infrage? Selbst wenn Ihre Partnerin sich tatsächlich das Leben nehmen sollte, hätte das ja nichts mit Ihnen zu tun, sondern wäre einfach die extremstmögliche Art, Angst und Schmerz zu vermeiden.
Ihre Beziehung hat keine gesunde Grundlage mehr und tut Ihnen beiden nicht gut. Es ist nicht nur Ihr Recht, sondern Ihre Pflicht, sie zu beenden. Dass das zu kurzzeitigem Tumult führt, ist nicht zu vermeiden. Ihre Frau wird sich wieder einkriegen.