Was schmälert unseren Fortschritt und Lohn? Aktienrückkäufe. Nie zuvor haben Firmen so
viel Geld an ihre Aktionäre verteilt. Rund eine Billion Dollar alleine in den USA. Schweizer
Firmen sind aber ebenfalls unanständig freigiebig mit Aktionären.
Aktien zurückkaufen heisst Geld nicht für Mitarbeiter und Kunden ausgeben. Statt Mitarbeiter
auszubilden, umzuschulen oder besser zu entlöhnen, neue Jobs zu schaffen oder Kunden
bessere und günstigere Produkte anzubieten, geht das Geld an die Aktionäre. Aktien
zurückkaufen heisst auch, Milliarden nicht in Maschinen, Ausrüstung oder Ideen zu
investieren. Aktienrückkäufe schaden dem Wirtschaftswachstum, Fortschritt und der
Innovationskultur.
Woher rührt wohl Apples Innovationsblockade? Sicher ist: 100 Milliarden fliessen zurzeit
nicht in die Tüftellabore, sondern über Rückkäufe zu den Tech-Aktionären. 100 Milliarden
fehlen für Fortschritt. Unter Steve Jobs gab es keine Aktienrückkäufe. Da wurde Profit wieder
in Ideen investiert. Nicht so bei den Schweizer Grossbanken. Auch UBS und CS kaufen
zurzeit für Milliarden Aktien zurück. Dies, obwohl ihre Geschäftsmodelle wegen der
Digitalisierung wackeln und neu erfunden werden müssten.
Vor allem Topmanager sind Nutzniesser
Eine Studie der US-Börsenaufsicht zeigt, dass vor allem die Top-Manager profitieren: Mit
dem Geld treiben sie die Kurse kurzfristig hoch und verkaufen ihre eigenen Aktien zum
günstigsten Zeitpunkt. Dieses Verhalten ist zerstörerisch und schadet der Gesellschaft.
Aktienrückkäufe führen zu Ungleichheit. McDonald’s macht es vor. Auch der Fast-Food-Gigant ist hungrig nach Aktienrückkäufen, weigert sich gleichzeitig, die Löhne der Arbeiter
auf 15 Dollar pro Stunde anzuheben. Das Roosevelt Institute hat ausgerechnet, dass McDonald’s
mit den Milliarden für Aktienrückkäufe jeden Arbeiter jährlich mit 4000 Dollar mehr
entlöhnen könnte.
Das steht als Beispiel für so viele andere Firmen – auch in der Schweiz. Ist es nicht
beschämend, dass eine Industriefirma mit einer an sich schon masslosen
Bereicherungshistorie wie ABB auf Druck der Aktionäre ihre grösste Sparte verkauft und
diese rund acht Milliarden exklusiv wieder an diese zurückverteilt? Wir haben längst ein
umgekehrtes Wohlfahrtssystem. Umverteilung für Reiche. Die Mitarbeiter, die hart am Erfolg
mitarbeiten, gehen leer aus.
Widerstand aus den Chefetagen
Interessant, dass auch Ex-ABB-Chefs wie Edwin Somm dieses Gebaren als Kapitalismus in
Höchstform verurteilen und es als Skandal bezeichnen. Man habe das Menschliche vergessen.
Auch Zurich-Chef Mario Greco äussert sich kritisch zu Aktienrückkäufen und verurteilt die
kurzfristige Nutzenoptimierung.
Es regt sich also auch Widerstand in den Chefetagen und nicht nur in der Politik.
Aktienrückkäufe sind kaum reguliert. Amerikanische und britische Politiker fordern konkret,
dass dies geändert wird. Zur Erinnerung: Sie waren die meiste Zeit des 20. Jahrhunderts
sowieso verboten, weil sie als Mittel der Marktmanipulation galten.
Ich erwarte von feudal bezahlten CEOs, dass sie ihr Geschäft weiterentwickeln, Chancen
aufspüren, in die Zukunft investieren oder bei gänzlicher Fantasielosigkeit einfach ein Polster
bilden für schlechtere Zeiten. Die kommen nämlich bestimmt.