Die SRF-«Rundschau» hat ein Spionage-Nest auffliegen lassen. Kennwort Crypto AG, Steinhausen bei Zug. Seit 1970 gehört diese Firma dem berüchtigten US-Geheimdienst CIA.
Die Firma Crypto produziert Chiffriergeräte. CIA-Agenten manipulieren sie, um auf der ganzen Welt Regierungen auszuhorchen. Um Wirtschaftsspionage zu betreiben. Staatspolitisch ist das alles mit der Neutralität nicht vereinbar. Deshalb hat der Bundesrat eine Untersuchung angeordnet.
Die FDP-Connection
Den Auftrag erteilte er der Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard. Sie durchleuchtete auch den Postauto-Skandal. Das Wichtigste hat sie dabei übersehen. Nämlich dass der Verwaltungsrat von den jahrelang gefälschten Rechnungen wusste. Er duldete sie. Journalisten haben das herausgefunden. Nun müssen sämtliche Verwaltungsräte beim Staatsanwalt antreten. Mit vier Millionen Franken war dafür die Rechnung happig.
Normalerweise hätte diese Anwaltskanzlei den Crypto-Auftrag nicht bekommen dürfen. Der Bundesrat schätzt vermutlich ihr diplomatisches Gespür, nicht allzu grob dreinzufahren. Beim Crypto-Skandal ist freisinnige Prominenz verstrickt: alt Bundesrat Kaspar Villiger, alt Ständerat und FDP-Präsident Rolf Schweiger, alt Nationalratsschwergewicht Georg Stucky. Die nun halt schon älteren Herren erinnern sich kaum mehr an Crypto. Wie auf Bestellung vergessen.
Vielleicht hat der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mit der CIA an der Politik vorbei geheimdienstelt. Den Schlapphüten ist alles zuzutrauen. Eine PUK hätte den Stall ausgemistet. Wie beim Fichenskandal. Lieber nicht, flöteten Betroffene.
«Bericht der Lage»
Ich habe ja den NDB im Kalten Krieg erlebt. Rudolf Gnägi, der Chef des EMD, das heute VBS heisst, bot bis 1979 einmal im Jahr den Nachrichtenchef, Divisionär Carlo Weidenmann, zum «Bericht der Lage» in die Militärkommission auf.
Damals hockte der Feind in Moskau. Jedes Manöver der Armee simulierte den Angriff aus dem Osten. Weidenmanns Lage lief darauf hinaus, als ob die Rote Armee der Sowjetunion am Bodensee zum Angriff bereitgestanden wäre. Er lieferte Ideologie, nicht Fakten.
Diese militärische Geisterstunde im Bundeshaus war eine Zumutung. Wenn ich nach der Sitzung auf den Bundesplatz hinaustrat, war ich überrascht, dass doch noch Frieden herrschte.
Helmut Hubacher (93) war von 1975 bis 1990 Präsident der SP Schweiz. Er schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.