Varius Marcellus erhielt als Prokurator des kaiserlichen Privatvermögens ein Jahresgehalt von 300'000 Sesterzen, der Augenarzt Decimius Eros Merula hinterliess seinen Erben 500'000 Sesterzen. Woher wir das wissen? Sie liessen ihren Kontostand auf ihren Grabstein meisseln.
Was damals Anerkennung über den Tod hinaus bedeutete, würde heute als Protzerei verspottet. Höchstens Boxer Floyd Mayweather oder Donald Trump könnte so was einfallen. Der Neid auf Menschen, die mehr besitzen, ist je nach Kultur verschieden. Während man in Asien Reiche als Vorbilder sieht, hat im Westen der Rasenmäher Hochkonjunktur. Nur gerade Weltstars wie Kanye West oder Ronaldo gönnt man die Millionen. Und Lottomillionären: Man könnte ja der nächste sein.
Alle möchten reich sein – und verachten die Reichen
Als der reichste Mann Dänemarks bei einem Terroranschlag auf Sri Lanka drei Kinder verlor, stand in jeder Schlagzeile, dass er Milliardär ist. Als wolle man der Leserschaft sagen: Seht, Geld macht auch nicht glücklich. Als hätte ihn ein durchschnittliches Vermögen vor einer derartigen Tragödie bewahrt. Bestraft das Schicksal Glück mit Unglück? Dieser Aberglauben versetzt gemäss Swisslos immer wieder Lottomillionäre in Panik.
Ironischerweise streben die meisten Menschen nach mehr Geld, obwohl sie jenen, die ein paar Tausender mehr haben, pauschal Moral, Empathie und Glücksfähigkeit absprechen.
Die Grenze, ab der mehr Geld nicht glücklicher macht
In der Schweiz besitzen die 300 Reichsten zusammen 707 Milliarden. Einige haben geerbt (letztes Jahr 95 Milliarden) und sitzen zum Zeitvertreib in Parlamenten oder jetten von Vernissage zu Vernissage, andere investieren in Arbeitsplätze oder engagieren sich karitativ.
Bringt mehr Geld mehr Glück? In Ländern, wo der Tagesverdienst bei zwei Dollar liegt, ganz bestimmt. In Wohlstandsgesellschaften mit staatlicher Rundumversorgung kokettiert man gerne damit, dass Geld nicht so wichtig ist, weil man genug davon hat, um Dinge zu kaufen, die man nicht braucht, aber trotzdem will, um Leute zu beeindrucken, die man gar nicht mag.
Weltweit belegen Studien, dass das persönliche Glück proportional zum Einkommen steigt. Aber nicht unbeschränkt. Bei uns liegt die Grenze bei einem Monatslohn von ca. 7500 Franken. Ab dann zählen Dinge, die man mit Geld nicht kaufen kann.
Claude Cueni (65) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Soeben erschien bei Nagel & Kimche sein neuer Roman «Hotel California».