Kolumne «Geschichte»
Zu wenig Planet

Die Weltbevölkerung wächst und wächst. Wenn das so weitergeht, verpuffen alle umwelt- und klimapolitischen Massnahmen.
Publiziert: 27.06.2019 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 11.07.2019 um 15:59 Uhr
Schriftsteller und BLICK-Kolumnist Claude Cueni.
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Claude CueniSchriftsteller

Vor rund 70'000 Jahren schrumpfte die Weltbevölkerung aufgrund eines Temperatursturzes auf einige Tausend Exemplare. Nach der erneuten Klimaerwärmung hatte der Mensch die Möglichkeit, sesshaft zu werden, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben, Vorräte anzulegen und sich fleissig zu vermehren.

Als Julius Cäsar die Helvetier bei Bibracte zur Umkehr zwang, lebten bereits rund 250 Millionen Menschen auf der Erde, zu Beginn des 17. Jahrhunderts waren es 500 Millionen. Ernteausfälle, Hungersnöte, Seuchen und Kriege verhinderten einen weiteren Zuwachs. Das änderte sich im 19. Jahrhundert dank der industriellen Revolution, Fortschritten in der Medizin und Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft.

In Richtung 10 Milliarden 

Als Winston Churchill 1965 starb und die Rolling Stones die Berliner Waldbühne zertrümmerten, hatte sich die Weltbevölkerung auf rund 3,3 Milliarden mehr als versechsfacht. Heute zählt die Uno 7,7 Milliarden und sagt für 2050 9,7 Milliarden voraus.

Es versteht sich von selbst, dass alle umwelt- und klimapolitischen Massnahmen verpuffen, wenn die Weltbevölkerung in diesem Tempo weiterwächst.

Mehr Menschen verbrauchen mehr Ressourcen. Ein Mangel führt zu Krieg. Ein Überschuss an jungen Männern sowieso.

Geburtenkontrolle für alle

Weltweit hat eine Frau im Schnitt 2,5 Geburten, in Afrika sind es 4,4. Hätten diese Frauen die Wahl, schreibt die Gates-Stiftung, wäre das Bevölkerungswachstum um dreissig Prozent reduziert. Doch wegen Armut, mangelnder Bildung und weil in etlichen Drittweltländern Kinderreichtum ein Statussymbol ist, sind viele Bemühungen vergebens. Während in Grossbritannien 92,6 Prozent aller Frauen Verhütungsmittel benutzen, sind es im Südsudan lediglich 4 Prozent. Bill Gates sagt: «Kein Geld dieser Welt kann Afrika retten, nur Geburtenkontrolle.» 

Im Gegensatz zur privaten Entwicklungshilfe zerstören staatliche Hilfsmassnahmen aus dem Westen oft das einheimische Gewerbe, füllen die Taschen korrupter Regierungen und besänftigen das schlechte Gewissen der Geberländer. An der demografischen Entwicklung ändert sich nichts.

Ein Uno-Botschafter nennt sie deshalb eine «tickende Zeitbombe». Das ist nicht Science-Fiction, das ist Mathematik.

Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.

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