Seit Anfang Juni zahlt die UBS auch auf Sparkonti keinen Zins mehr. Und wenn man die Gebühren berücksichtigt, so sind die Negativzinsen jetzt auch beim Kleinanleger angekommen. Erstaunlicherweise nehmen das Schweizerinnen und Schweizer mit einem Schulterzucken zur Kenntnis. Man scheint sich damit abzufinden, mit dem Sparkonto Geld zu verlieren.
Schuld an dieser unerfreulichen Situation ist die Schweizerische Nationalbank (SNB). Sie selber sagt zwar, verantwortlich sei vielmehr die Europäische Zentralbank (EZB), welche den Markt mit Euro überflute und damit die Zinsen nach unten drücke. Die SNB könne nicht anders als nachzuziehen.
Ökonomen pflichten ihr bei. Liegen die Zinsen über jenen in Euroland, zieht das Investoren an. Damit steigt die Nachfrage nach Franken, was zu einer Überbewertung und zu einem tieferen Euro-Wechselkurs führt. Ein starker Franken ist ein Problem für die Wirtschaft, namentlich für die Exportwirtschaft.
Dass bei einem starken Franken die Importe günstiger werden, geht gerne vergessen. Dabei ist klar: Wo es Exportverlierer gibt, gibt es auch Importgewinner.
Was für ein Aufschrei, als am 15. Januar 2015 SNB-Chef Thomas Jordan zur Überraschung aller erklärte, die SNB werde den Euro-Mindestkurs nicht mehr verteidigen. Nebenbei hiess es auch noch, die SNB werde zur Schwächung des Frankens negative Zinsen einführen.
Der Aufschrei galt nicht den fatalen Negativzinsen. Er galt dem fallen gelassenen Eurokurs. Die Wirtschaft brüllt lauter als der Sparer.
Was ist nun schlimmer für unsere Gesellschaft: der starke Franken oder die negativen Zinsen? Langfristig dürfte die Zinssituation grösseren Schaden anrichten. Und glaubt man Thomas Stucki, Anlagechef bei der St. Galler Kantonalbank, so üben die negativen Zinsen auf den Wechselkurs eh nur einen beschränkten Einfluss aus, jedenfalls einen deutlich geringeren als Interventionen am Devisenmarkt, wie er am Mittwoch an einer Medienkonferenz sagte. Gleichentags erklärte Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff gegenüber Cash.ch: «Die Negativzinsen haben den Beweis nie erbracht, dass sie in irgendeiner Form abschreckend auf Investoren wirken.»
Bewiesen ist aber Folgendes: Zu tiefe Zinsen führen zu Marktverzerrungen. Das zeigt sich etwa bei Pensionskassen, die dadurch gezwungen werden, höhere Risiken einzugehen. Dennoch geht niemand davon aus, dass die Notenbank von ihrer Zinspolitik abrücken will.
So müssen wir wohl noch lange auf Sparzinsen verzichten, um die Exportindustrie bei Laune zu halten. Doch es gibt noch andere Interessengruppen, die von der Zinssituation profitieren. Das billige Geld fliesst nämlich vorab in Aktien- und Immobilienmärkte. Entsprechend steigen die Preise. Aktionäre und Immobilienbesitzer werden immer reicher. Der Kleinsparer ist der Dumme.