Die Geschichte der Kriegsfotografie ist die Geschichte des Menschen. Bereits in den Höhlenmalereien der Steinzeit finden wir Darstellungen von kriegerischen Handlungen. Der römische Kaiser Trajan liess seinen erfolgreichen Feldzug gegen die Daker in einem spiralförmig aufsteigenden Fries verewigen. Später folgten die Schlachtenmaler, die jeweils im Nachhinein die Sicht der Sieger darstellten.
Mit dem Einzug der Fotografie betritt dann Mathew B. Brady mit seiner portablen Dunkelkammer die Schlachtfelder des amerikanischen Bürgerkriegs und berichtet erstmals zeitnah. Die Bilder der «Toten von Antietam» machten ihn weltberühmt. Am Ende des Kriegs wollte er seine Sammlung von rund zehntausend Bildern mit Gewinn dem Staatsarchiv verkaufen, doch die US-Regierung wollte keine Leichen. Brady verfiel dem Alkohol und starb verarmt.
Irreführende Ikone
Bei Eddie Adams lief es anders. Er schoss am 1. Februar 1968 ein Bild, das zum Symbol des grausamen Vietnamkriegs wurde: Der südvietnamesische Polizeikommandant Nguyen Ngoc Loan exekutiert in Saigon den Vietkong-Guerillakämpfer Nguyen Van Lem auf offener Strasse. Für diese Fotografie wurde Adams mit Auszeichnungen überhäuft. Später gestand er, dass das Bild irreführend sei, weil der Hingerichtete zuvor die Familie des Polizeikommandanten hingerichtet hatte.
Ab dem ersten Weltkrieg wurde die Kriegsfotografie gezielt für die Propaganda genutzt, und nicht erst mit Photoshop lernten die Bilder lügen.
ARD verzerrt, Relotius fälscht
In einer neuen Studie der Universität Mainz kritisieren die Forscher, dass die ARD die Zusammensetzung der Flüchtlinge falsch dargestellt und überproportional häufig Frauen und Kinder gezeigt habe. Diese Berichterstattung habe «überwiegend den Eindruck vermittelt, dass es sich bei den Zuwanderern vor allem um Frauen und Kinder handle». Lediglich in der Boulevardzeitung «Bild» hätten sich positive und negative Darstellungen von Migranten die Waage gehalten.
Der Fälscher Claas Relotius schrieb, was seine Auftraggeber lesen wollten, die Bildredaktionen kauften Bilder ein, die ihre Weltsicht bestätigten. Junge, attraktive Frauen mit Baby waren gefragter als randalierende Migranten.
Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Kürzlich ist sein neuer Roman «Warten auf Hergé» erschienen. Cueni schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.