UBS ohne S

Publiziert: 22.03.2025 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 23.03.2025 um 09:55 Uhr
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Frank A. MeyerPublizist

Es klingt wie eine Drohung: «UBS denkt ernsthaft über den Wegzug aus der Schweiz nach.» Muss uns die Titelzeile aus dem Blick erschrecken?

Jedenfalls kommen da Erinnerungen hoch: an Alex Krauer, den einstigen Ciba-Geigy- und Novartis-Präsidenten, der Ende der Neunzigerjahre auch Präsident der UBS war. Krauer erklärte mir zu jener Zeit besorgt, seine Manager dächten ernsthaft daran, das S aus dem Namen der Bank zu streichen, den Bezug zur Schweiz. Der Basler betrachtete einen Verzicht auf das Identitäts-Initial als fatal – als imageschädigend für die Bank, als unanständig gegenüber der Schweiz.

Im Club des Ringier-Pressehauses sass mir ein Bürger gegenüber, der seine Aufgabe in den allerhöchsten Sphären der Wirtschaft immer auch mit Blick auf die Schweiz, auf sein Land, auf seine Heimat verstand. Konnte ich anders, als ihm zustimmend weitere Argumente aufzuzählen, die sein Engagement als Eidgenosse an der UBS-Spitze stützten?

Alex Krauer – Wirtschaftspatriot einer längst vergangenen Ära.

Immerhin, sein Sieg hatte bis gestern Bestand. Jetzt aber ist die Schweiz als Standort des Finanz-Ungetüms UBS infrage gestellt. Die Machthaber am Paradeplatz zeigen sich pikiert über Steuerpläne, über die Behandlung durch den Bundesrat – über das Unbehagen, das ihrer Bank entgegenschlägt, im Bundeshaus wie in der Bürgerschaft.

Treten Volk und Politik der keuschen Grossbank zu nahe? Darf man das überhaupt: Die Macht eines global operierenden Kreditinstituts infrage stellen? Gar den Lohn ihres Allmächtigen bekritteln?

Vielleicht muss man die Fragerichtung umkehren: Ist es überhaupt vertretbar, dass eine finanzielle Weltmacht die Schweiz im Namen trägt? Ist das gut fürs Land? Das Credit-Suisse-Desaster zeigt: Die Verquickung des Begriffs Kredit mit dem Namen Schweiz hat die moralische Ausstattung der gescheiterten Bank überhöht – die Eidgenossenschaft geniesst Kredit in der Welt. Entsprechend kostete der Zusammenbruch der Credit Suisse durch Missmanagement die Schweiz international Kredit.

Auch die UBS suggeriert mit dem Begriff Switzerland Schweizer Tugenden wie Seriosität und Solidität – die Schweiz als Qualitätsgarantie. Ganz wie die Sneaker-Marke On, die sich des global respektierten, ja bewunderten Schweizerkreuzes bedient – und partout nicht davon lassen will.

Wird die UBS der Schweiz tatsächlich den Rücken kehren? UBS ohne S – was wäre das noch? Eine Bank wie alle anderen.

Weshalb hat die Schweiz eigentlich keinen Preis? Marken sind Werte – von Prada über Omega bis Mercedes. Die Marktwirtschaft ist eine Marken-Wirtschaft. Mit Marken wird gewirtschaftet.

Auch die UBS ist eine Marke. Eine Weltmarke. Eine doppelte sogar, denn sie schliesst die Weltmarke Schweiz mit ein. Was bezahlt die UBS für das S – für die Schweiz?

Ist die Schweiz gratis?

In den obersten Etagen der grössten Schweizer Bank denkt man ernsthaft nach «über den Wegzug aus der Schweiz». Sollte dem angestrengten Nachdenken der Banker die Tat folgen, dann wäre konsequenterweise auf das schmucke Prädikat im Namen der Firma zu verzichten: auf Schweiz.

Die Schweiz bleibt in der Schweiz!

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