Sie sind wir

Publiziert: 16.02.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2025 um 09:26 Uhr
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Frank A. MeyerPublizist

Was geschah am 24. Februar 2022? Es ist kein geläufiges Datum – aber ein historisches. Es ist ein Tag, der bis heute, bis in diese Stunden kein Ende gefunden hat: der Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine.

Moskaus Raketengeschosse und Bomben und Drohnen verwüsten das Land seither ohne Unterlass. Ziele des Terrors sind – in voller Absicht – Wohnhäuser, Schulen, Elektrizitätswerke, Wasserversorgung, Kliniken, Kulturinstitutionen: die zivile Bevölkerung und deren Infrastruktur.

Das wissen wir doch alles.

Ja, wir wissen es – und die Ukrainer erleiden es.

Seit drei Jahren greift das historisch verspätete russische Reich mit militärischem Terror nach der ukrainischen Nation, die sich auf den Weg in die freiheitliche westliche Welt gemacht hat.

Das war eine ungeheuerliche Provokation für den Kreml, der in seiner Geschichte nie etwas anderes kannte als Unterwerfung des Volkes, zuerst durch die Zaren, dann durch das Zentralkomitee der kommunistischen Partei. Der entstieg auch Genosse Wladimir Putin, im Kalten Krieg Offizier des Geheimdienstes KGB, heute selbst ermächtigter Herrscher über das, was von der Sowjetunion geblieben ist.

Die Demütigung der einstigen Weltmacht durch den Verlust grosser Teile ihres Imperiums ist der tiefere Grund für die Aggressivität, mit der Moskaus neuer Zar versucht, die Ukraine wieder unter russische Herrschaft zu zwingen. Doch wie Hitler in Winston Churchill fand auch Putin seinen Schicksalsgegner: Wolodimir Selenski! Und dieser Vergleich ist kein überhöhtes Kompliment.

Selenski i s t ein Churchill.

Tag und Nacht im Einsatz für seine Nation, die nicht daran denkt, sich dem Diktator in Moskau zu fügen. Er hat den Auftritt eines Helden, eines zivilen Kriegers, der seinem Volk den Durchhaltewillen vorlebt und unermüdlich um Solidarität von Bürgern und Politikern der freien Welt ringt.

Die bewegendste Persönlichkeit unserer Zeit!

Unserer Zeit? Was haben die Jahre von Krieg und Verheerung in der Ukraine mit uns zu tun? Leben wir nicht in einer völlig anderen Epoche, fern vom Krieg, in Zeiten selbstverständlichen Friedens?

In der Tat, da prallen Welten zusammen: auf der einen Seite die imperialen Ansprüche Russlands bei stehen gebliebenen gesellschaftlichen Verhältnissen, die noch nicht einmal die Trennung von Kirche und Staat kennen, auf der anderen Seite unsere demokratisch und rechtsstaatlich gesicherte Freiheit, in der die Politik nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum funktioniert – ganz so, wie es der Demokratie-Denker Karl Popper in seinem Werk «Die offene Gesellschaft und ihre Feinde» formuliert.

Eine Welt von gestern hat die Welt von heute überfallen, der sich auch die Ukraine verschrieben hat – unsere Welt! Ja, unsere Welt ist das Ziel Zigtausender von Bomben und Raketen auf zivile Objekte und Menschen in der Ukraine, denn diese Nation hat es gewagt, sich vom Gestern zu verabschieden und das Heute zu wählen. Abtrünniger kann man in den Augen des Diktators Putin nicht sein.

Und genau das ist der Kern dieses Krieges: Wir sind gemeint – während die Bomben auf die Menschen in der Ukraine fallen. Wir sind gemeint – während die Soldaten der Ukraine für unsere Freiheit kämpfen.

Sie sind wir!

Sind wir auch Sie? Wir sind die Verschonten. Bleiben wir auch die Verschonten? Wenn die Ukraine endlich gesichert und geschützt unserer Zeit angehört, dann blieben wir verschont.

Wolodomir Selenski ist auch unser Churchill.

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