Kann ein Gruss liebenswürdiger klingen als der Video-Zuruf von Ueli Maurer: «Hoi Alice und grüezi mitenand»? So herzlich-innig-vertraut grüsste der alt Bundesrat jüngst die deutsche Politikerin Alice Weidel – von Rechtspopulist zu Rechtspopulistin. Ist daran etwas auszusetzen?
Und ob!
In Einsiedeln, woselbst die Vorsitzende der Rechtsaussenpartei AfD mit ihrer Familie in einer Wohnung mit Seeblick lebt, skandierten Demonstranten unter dem Motto «Gegen den Rechtsruck» Parolen wie «Weidel raus» und «Nazis raus». Und ein «Schweizer Bündnis für direkte Demokratie» rückte der stets elegant gekleideten Frau brieflich auf den Leib: Sie solle schleunigst die Schweiz verlassen – One-Way-Ticket anbei.
Eine deutsche Politikerin der äusseren Rechten mitten in Berggefilden, in patriotisch-intimer Landschaft – eine Einmischung in innerschweizerische Angelegenheiten, nichts weniger.
Unverschämter gehts nicht.
Darum soll Alice Weidel das Weite suchen, und zwar mit Sack und Pack, was heisst samt ihrer Familie: der Lebenspartnerin und den zwei Kindern. Die Schweiz sei nämlich «kein Rückzugsort für staatsgefährdende und hetzerische Kräfte», wie das «Schweizer Bündnis» sich empört.
Darf man fragen, wer da die «hetzerischen Kräfte» sind?
Das Rückreiseticket in ein «sicheres Herkunftsland» soll der unerwünscht-verwünschten Migrationskritikerin das Schicksal einer Migrantin bereiten. Als Privatperson im idyllischen Schwyzer Wallfahrtsort mit dem bedeutendsten helvetischen Barockbau, der Gnadenkapelle, ist sie unwillkommen.
Keine Gnade für das politische Bösmaul Weidel!
Schon in Biel, wo sie einst Heimstatt hatte und wo die woke Community mit ihrer Toleranz ja angeblich die ganze Schweiz überstrahlt, musste sie ihre Siebensachen packen. Für Rechtsaussen hat es da keinen Platz, Linksaussen dagegen begegnet die Zweisprachenstadt mit liebevoller Zuwendung. So will es das Selbstverständnis der Seeland-Metropole, deren Geschicke einst klügste und kultivierteste Uhrmacher-Sozialdemokraten bestimmten. Letzteres belegen steinerne Zeugen vom Bauhaus-Volkshaus über die Bauhaus-General-Motors bis zur Magglinger Sportschule – Prosperität durch Toleranz und Weltoffenheit.
Die ehedem stolze Zukunftsstadt ekelte die Weidels raus.
Biel, ein Kaff.
Die Politik der deutschen Demagogin bekämpfen? Jederzeit. Die Eidgenossen haben ja durchaus Übung im Umgang mit der äusseren Rechten, bevölkert diese doch die grösste Schweizer Partei, betreibt sie doch ihr Unwesen mit penetranter Putin-Publizistik.
Das private Familienleben allerdings galt in der freisinnig-republikanischen Schweiz bisher als unantastbar – ob berühmt oder berüchtigt oder ganz einfach Bürger: Ehepartner und Kinder werden in Ruhe gelassen, geniessen Rücksicht und Respekt.