Frank A. Meyer über die SRG
Das Glashaus

Publiziert: 17.05.2015 um 14:36 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:34 Uhr

Eigentlich ist ja alles gut mit der SRG. Sie liefert, rund um die Uhr, Radio- und Fernsehsendungen für die Deutschschweiz, die französischsprachige Schweiz, das Tessin sowie die Region der Rätoromanen: kleine Sprachräume, winzige Räume sogar, vor allem für TV-Programme, die internationalen Ansprüchen genügen sollen.

Gerade das ist besonders gut bei der SRG: Die Arbeit ihrer 2000 Redaktoren, 200 Moderatoren, 50 Produzenten und 180 Regisseure hat europäisches Niveau. Sie darf sogar, mit patriotischem Stolz, auf Programme verweisen, die preiswürdig sind, vergleicht man sie mit mächtigen ausländischen Veranstaltern. Zum Beispiel, in der deutschen Schweiz, das «Echo der Zeit», eine Radiosendung, die deutschen News-Programmen journalistisch-handwerklich überlegen ist. Dasselbe gilt immer wieder für die «Tagesschau».

Der SRG-Journalismus darf sich hören und sehen lassen. Wer gelegentlich auf privaten ausländischen TV-Sendern fremdsieht, der weiss auch warum: Da vergeht dem anspruchsvollen Zuschauer rasch Hören und Sehen.

So viel Lob? So viel Lob!

Es ist ein Lob der Schweiz, die sich diese mediale Versorgung leistet, und zwar in jedem der Sprachräume in gleicher Ausstattung, mit Ausnahme des winzigen rätoromanischen. Für die SRG sind Deutschschweiz, Suisse romande und Ticino nicht klein, kleiner, am kleinsten, sondern gleichrangig: eins zu eins zu eins.

So ist ja auch die Schweiz: Jede der drei Sprachkulturen ist unverzichtbar, also von gleichem Rang, von gleichem Gewicht für die Willensnation.

Die SRG – ein Akt der Willensnation!

Das alles will finanziert sein. Mit Gebühren, die – bisher – zu den staatspolitischen Selbstverständlichkeiten gehörten. Zu den Selbstverständlichkeiten

gehörte es – bisher – ebenso, dass die TV-Einnahmen, die zu 70 Prozent in der Deutschschweiz anfallen, als Transferleistung  auch an die materiell schwächeren Regionen gehen.

Die SRG – ein Akt der Solidarität!

Nun aber benötigt die SRG eine neue Form der Finanzierung, die der Tatsache gerecht wird, dass Radio- und Fernsehprogramme in der Internet-Zeit zunehmend auch anders empfangen werden als über klassische Radio- und TV-Geräte. Die neue Lösung – eine Haushaltsgebühr – ist für viele SRG-Nutzer nachweislich günstiger als die bisherige Gebühr, von den Rentnern bis zu den Unternehmen. Sogar Privatsender, lokale und regionale, erhalten mehr finanzielle Unterstützung aus der SRG-Kasse.

Auch dies ist gut so. Eigentlich.

Doch die Neuordnung der Finanzierung nehmen die Gegner der SRG zum Anlass einer fundamentalen Attacke: Die journalistisch umfassende Versorgung unserer sprachkulturell überaus anspruchsvollen Demokratie durch das Radio und das Fernsehen soll liquidiert werden – soll privaten Profitprogrammen Platz machen.

Zu diesem Zweck wird die SRG als «Staatssender» diffamiert – was sie nun ganz und gar nicht ist, da als privater Verein organisiert, dessen engagierte Mitglieder aus der Zivilgesellschaft stammen. Die Gebühren werden als «Zwangsabgabe» geschmäht – ein geradezu absurder Begriff, sind doch Abgaben nur Abgaben, wenn sie verpflichtend erhoben werden.

Die Sprachdemagogen insinuieren «Staat» und «Zwang» als Gegensatz zu freien Medien.  Ihr Ziel sind private Kommerzsender in den Händen von

Investoren – der Traum, den eine radikal rechte Medien-Kamarilla seit Jahren hegt.

Wie das aussähe? Der Journalismus, den die Herren zukünftiger Privat-Kanäle der Schweiz vorsetzen möchten, lässt sich schon heute in den Blättern nachlesen, die sie durch ihre ideologischen Knechte besorgen lassen.

Wäre denn nun am SRG-Journalismus gar nichts auszusetzen? Alles wäre daran auszusetzen, wie am Journalismus ohnehin stets alles auszusetzen ist: das Handwerk, der Geist, die Meinung, die Sprache; im Fernsehen das Bild, der Schnitt, die Musik.

Mit Steinen gegen die SRG werfen derzeit gerade besonders emsig Schreib-journalisten, die im Glashaus sitzen. Auch das ist in Ordnung: Wer einen Roman kritisiert, muss keinen besseren schreiben.

Also auch in Zukunft: ätzende Kritik an den 2000 Journalisten der SRG, an ihren 200 Moderatoren, 50 Produzenten und 180 Regisseuren. Zudem: Kritik an der Institution SRG selbst, insbesondere dort, wo sie den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen ungebührlich in die Quere zu kommen droht.

Doch auf dem Spiel steht jetzt die demokratische Medienkultur der Schweiz.

Die Kultur der vier Schweizen!

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