Nationalrat Cédric Wermuth, von 2008 bis 2011 Präsident der Schweizer Jungsozialisten, ist nun also Kandidat der Aargauer Sozialdemokraten für den Ständerat. Auch Nationalrätin Yvonne Feri, von 2012 bis 2016 Präsidentin der SP-Frauen Schweiz, hatte sich beworben.
Yvonne Feri ist alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern; sie hat eine kaufmännische Lehre gemacht; sie arbeitete als Führungskraft bei der Gewerkschaft Unia; sie war Geschäftsleiterin des Hilfswerks Terre des Femmes sowie des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands. Yvonne Feri verfügt über die Biografie einer Sozialdemokratin des 20. Jahrhunderts.
Cédric Wermuth hat Politikwissenschaften studiert; neben seinem Mandat als Nationalrat ist er Strategieberater. Cédric Wermuth verfügt über die Biografie eines Sozialdemokraten des 21. Jahrhunderts.
Eine Mutter mit Berufslehre, ein Mann mit Studentenleben.
Die Genossen wählten den Mann.
Und was für einen Mann! Feminist, wie es sich für Politiker links der Mitte ziemt: die Nöte der Frauen auf den Lippen, die Arbeitnehmerinnen im Herzen, den Kampf gegen Sexismus im Programm.
Kein Handwerksbursche, ein Mundwerksbursche – ein Sozialdemokrat wie aus Facebook, im Twitter-Gewitter gestählt. Einer, wie sie heute alle sind: Akademiker, die nie in einem Beruf gearbeitet haben, der sie hätten lehren können, wofür sie überhaupt Politik machen, die umso wortgewandter sind, wenn sie als Wortführer auftrumpfen der Arbeitnehmer, die in dieser Partei längst nicht mehr zu Wort kommen, obwohl sie so manches zu sagen hätten, aber leider, leider der gewandten Rede nicht ausreichend mächtig sind. Weshalb sie, diese einfachen Leute, gar nicht reden sollen, sondern besser nur richtig wählen. Sozialdemokratisch, natürlich.
Hätte der bekennende Feminist Wermuth beiseitetreten können, sollen, müssen, um Yvonne Feri den Vortritt zu lassen? Dazu sind drei Wermuth-Sätze zu zitieren:
Der erste Satz: «Ich werde ab sofort zu keinen öffentlichen Diskussionen mit mehr als zwei Gästen mehr zusagen, wenn sie nur aus Männern zusammengesetzt sind.»
Der zweite Satz: «Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern beruht selbstverständlich zu einem grossen Teil auf strukturellen Diskriminierungen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft.»
Der dritte Satz: «Das lösen wir nicht mit etwas ‹Willen› und wenn wir etwas netter sind zueinander. Trotzdem gibt es natürlich enormen Spielraum in unserem individuellen Verhalten – gerade auf der Seite der Privilegierten (das wären dann Männer, vor allem weisse).»
Der weisse Mann Wermuth weiss, wie magisch solche Worte klingen. Ja, er ist ein Zauberer: Er vermag seinen Feminismus hinfortzuzaubern, wenn es um die Befriedigung seiner Karrieregelüste geht; er vermag seinen Feminismus herbeizuzaubern, wenn ihm dies nützlich erscheint.
Wie gerade eben erst, als die Journalistin Sibel Schick im Netz mit der Aussage provozierte: «Es ist ein strukturelles Problem, dass Männer Arschlöcher sind.» Auch dazu fielen Cédric Wermuth rasch die richtungsweisenden Worte ein: «Wir haben ein grösseres Problem mit unserem Konzept von Männlichkeit.»
Wir? Er?
Fast hätte man Sibel Schick keinen Glauben geschenkt, fast hätte sie ihre vulgäre Weisheit nicht beweisen können – wäre ihr nicht der Tausendsassa Wermuth beigesprungen.
Oh Mann!