Frank A. Meyer
Helden

Publiziert: 21.02.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:39 Uhr
Frank A. Meyer

Was müssen wir da lesen, zum Beispiel über die Credit Suisse? «Der Bank drohen wegen Schrottpapieren im Wert von 16 Milliarden weitere Verluste.» Oder über die Deutsche Bank: «12,7 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten seit 2012.» Im Falle des Frankfurter Finanzhauses wird gar die bange Frage gestellt: «Was passiert, wenn die Deutsche Bank fällt?»

Ja, die Welt der Grossbanken, einst eine ganz eigene Ordnung, ist seit den Verheerungen der ­Finanzkrise total in Unordnung: Die Bewältigung der jüngsten Vergangenheit kostet Milliarden und Milliarden und Milliarden. Es will kein Ende nehmen!

Finanzkrise – was war das denn? Eine ökonomische Naturkatastrophe? Also Schicksal? Für das keiner etwas kann?

Es war eine Kulturkrise. Eine Krise der Kultur zuhöchst in den Führungsfluren der global operierenden Geldhäuser, von wo Gesellschaft und Politik winzig erschienen, geradezu lächerlich. Aus ­jener Zeit, die ja kaum verflossen ist, die vielmehr gerade jetzt ihre Milliarden-Tribute fordert, seien nur drei Sätze zitiert.

Der erste Satz aus dem Jahr 2000 und aus dem Mund des einstigen CS-Befehlshabers Lukas Mühlemann: «In der Verwaltung beeinflusst das Parteibuch die Selektion; nicht immer werden die Besten ausgewählt.»

Der zweite Satz aus dem Jahr 2001 und aus dem Mund des UBS-Befehlshabers Marcel Ospel: «Die Wirtschaft muss dem Staat helfen, sich zu benehmen.»

Der dritte Satz aus dem Jahr 2004 und aus dem Mund des Befehlshabers der Deutschen Bank Josef Ackermann: «Deutschland ist das einzige Land, wo Leute, die Werte schaffen, vor Gericht kommen.» Ackermann stand vor Strafgericht in Düsseldorf.

So klang das damals: von oben herab, süffisant, der eigenen Macht gewiss. Selbstverliebt. Mühlemann und Ospel und Ackermann zählten zu der Kaste, für die der amerikanische Schriftsteller Tom Wolfe in seinem Roman «Fegefeuer der Eitelkeiten» den Begriff «Masters oft the Universe» prägte.

Und wer ein echter Meister des Universums war, der wusste, was sich für alle anderen geziemte: vor allem für Politik und Justiz.

Was sind die Sätze der drei Geldherrscher, die so wundersam beispielhaft für das gesamte Heldengeschlecht der globalen Finanzmanager stehen, heute noch wert?

War Lukas Mühlemann «der Beste», wie er es für die Verwaltung forderte?

War Marcel Ospel ein Beispiel für «gutes Benehmen», wie er es dem Staat beibringen wollte?

Hat Josef Ackermann «Werte geschaffen», wie er sie für sich reklamierte?

Helden als Maulhelden.

Teure Maulhelden: Für Lukas Mühlemann bezahlten und bezahlen die Aktionäre und die Steuerzahler, für Marcel Ospel ebenso, für Josef Ackermann die Aktionäre – und ganz Deutschland, dessen Ruf als ehrbare Geschäftsnation durch die Deutsche Bank beschädigt ist.

Sind die drei Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen worden für ihren Hochmut, der drei Geldhäuser zum Fall machte? Für ihre Arroganz und Angeberei? Sie haben sich in die Büsche geschlagen, die Taschen gefüllt mit Zig-Millionen-Boni – fürs schiere Nichts, errechnet man das Ergebnis in Rappen und Franken, in Cent und Euro.

Auf die Frage, was bleibe von der Wolkenschieberei jener Jahre des Grössenwahns, antwortete einer ihrer Nachfolger: «Wenn wir Glück haben – null.»

Haben die Maulhelden unmoralisch gehandelt? Nein, denn wer unmoralisch handelt, der weiss wenigstens, dass es eine Moral gibt. Die gesellschaftlich entrückte Geldwelt hingegen kennt keine Moral. Sie kennt nur den Profit. Insofern sind die globalen Geldmanager nicht unmoralisch, folgen sie doch einer Geschäftskultur, die sich völlig losgelöst hat von aller gesellschaftlichen Verpflichtung – dort oben, jenseits von Gut und Böse, herrscht die Amoral.

Die Finanzkrise ist eine Kulturkrise: die Krise des Kapitalismus.

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