Frank A. Meyer
Foto: Antje Berghäuser

Frank A. Meyer
Gipfel der Gockel

Publiziert: 23.12.2018 um 12:48 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2019 um 17:29 Uhr

Was könnte stilloser sein als russische Oligarchen, diese Plünderer-Kaste, hervorgegangen aus der kommunistischen Nomenklatura der Sowjetunion? Der Gradmesser ihrer Geltung ist das Geld. Damit waren sie bisher am World Economic Forum in Davos stets ganz besonders willkommen. Durch ihre freigiebigen Festivitäten durften sie sich zum Hofstaat von WEF-Herrscher Klaus Schwab zählen.

Doch die Ära der unermesslich Reichen aus dem Armenhaus Russland scheint fürs Erste jäh vorbei: Für 2019 wurde ihnen mitgeteilt, sie sollten sich in Davos nicht blicken lassen, am allerwenigsten Oleg Deripaska, Viktor Vekselberg und Andrei Kostin, Geld-Giganten alle drei, fein säuberlich aufgeführt auf einer Sanktionsliste der USA, die zum Ziel hat, Putins Reich des Bösen zu bestrafen.

Das offizielle Russland verwahrte sich gegen die Ausladung seiner prominenten Staatsbürger und kündigte Gegenmassnahmen an, worauf das WEF die strikte Befolgung des US-Boykotts zurücknahm, worauf Deripaska, Vekselberg und Kostin nun doch nach Davos reisen dürfen, wobei allerdings nichts mehr ist, wie es noch vor einem Jahr war, weil nämlich an die WEF-Präsenz der drei sonst so machtgewohnten Moskauer Sendlinge drakonische Bedingungen geknüpft werden:

Erstens ist ihnen untersagt, wie die «Neue Zürcher Zeitung» enthüllte, in Davos mit amerikanischen Bürgern zu reden oder Geschäfte zu machen. Zweitens verweigert ihnen das WEF jede Hilfe beim Herstellen von Kontakten. Drittens dürfen die drei keinen Flug und kein Hotel buchen, wenn ein Amerikaner das Telefon abnehmen könnte. Viertens haben sie sich der Teilnahme an Vorträgen oder Diskussionen zu enthalten, an denen Amerikaner mitwirken. Fünftens ist ihnen die Benutzung amerikanischer Digital-Dienste wie beispielsweise Servern verboten. Die NZZ spottet: «Hoffentlich funktioniert die russische Kreditkarte wenigstens an der Kasse des Jakobshorns.»

Kann man Moneten-Macht-Männer mehr demütigen?

Das WEF will ein Forum für den Meinungsaustausch der Eliten sein – DAS Forum. Was aber ist ein Forum? Ein Ort der freien Meinungsäusserung, des offenen Austauschs, zumal unter Schweizer Berghimmel, also freier als frei – in Schweizer Freiheit.

Die Schweiz lässt sich diese Freiheit auch allerhand kosten, muss doch die Welt-Geld-Gesellschaft in gefährdeten Zeiten perfekt geschützt werden: mit 5000 Armeeangehörigen, wozu sogar die Luftwaffe beiträgt, was sich schliesslich zu mehr als 30 Millionen Franken summiert.

Bezahlt die Schweiz für ein Forum, das einen US-Boykott auf Schweizer Boden vollzieht, indem es Gäste ausgrenzt, an den Rand der Veranstaltung drängt? Bezahlt die Schweiz für ein politisch fremdbestimmtes Fest?

Ja, wenns doch wenigstens um Politik ginge! Stattdessen geht es um Eitelkeiten, denen sich sogar die Politik unterzuordnen hat: Gestern schmeichelten die festfreudigen Oligarchen den Gastgebern, morgen rauscht Donald Trump mit gewaltigem Gefolge durch Davos – und erquickt die Hybris der WEF-Gockel.

Was sind da Oligarchen noch wert, trotz ihres Geldes? Nichts. Was ist da Trump wert, trotz seines Getwitters? Alles.

Die Schweiz bezahlt. Mit Geld. Und Reputation.

Was könnte stilloser sein als russische Oligarchen? Nein, nicht Donald Trump.

Das WEF. 

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