Ach ja, Folgendes noch: Das christliche Netzwerk «KircheNordSüdUntenLinks» fordert weltweite Niederlassungsfreiheit für alle. Im Hinblick auf die Migrationswelle, die Europa gerade erfasst, würde das bedeuten: Ein jeder, der sich dort, wohin ihn das Schicksal geworfen hat, nicht mehr aufgehoben fühlt, darf Wohnsitz nehmen, wo immer es ihm gefällt, also auch auf dem Kontinent der Verheissung, also auch in der Schweiz – ob nun drangsalierter Flüchtling auf der Suche nach dem Überleben oder Sozialmigrant auf der Suche nach dem besseren Leben.
Letzteres ist eine Unterscheidung, die kaum noch eine Rolle spielt, lautet doch das Mantra von Medien und Migrationsromantikern: «Flüchtling, Flüchtling, Flüchtling». Wer auch immer der westlichen Welt zuströmt, weil die sozialen Netze hier wesentlich mehr bieten als ein Monatseinkommen in Eritrea oder dem Kosovo oder Afghanistan, der ist ein Flüchtling.
Es gibt nur noch Flüchtlinge! Wer das nicht versteht, wer gar weiterhin auf einer Unterscheidung der Zuwanderungsmotive besteht, der denkt unchristlich. KircheNordSüdUntenLinks fuchtelt furchterregend mit der Bibel.
Selbstverständlich wissen die bibelkundigen Schweizer Netzwerker auch, weshalb die Menschen von Süden nach Norden wandern: Die Migration ist in ihren Augen «nicht zuletzt» durch eine «kapitalistische Wirtschafts- und Handelspolitik, durch Waffenexporte und durch einen nicht nachhaltigen Lebensstil verursacht, wodurch Lebensgrundlagen zerstört statt erhalten werden».
So weit der Reim, den sich die linken Rechtgläubigen auf die neue Völkerwanderung machen. Und wehe, wer es anders sieht! Die Schweizerische Volkspartei, die es anders sieht, wird von den Kirchenlinken des Rassismus geziehen.
Wer wagt da noch zu widersprechen? Schweigen ist geboten, um nicht in den Ruch rassistischer Mentalität zu geraten.
Dennoch sei er hier gewagt, der Widerspruch, selbstredend nur behutsam und deshalb vor allem in Form von Fragen:
Könnte es sein, dass die Flucht, die Migration – die ja vor allem aus dem Islambogen Nordafrikas und des Nahen Ostens bis hinauf nach Afghanistan erfolgt – auch noch, oder vor allem, andere Ursachen hat als bluttriefende Sünden des kapitalistischen Systems? Könnte es sein, dass der Islam – ja, der Islam, nicht der Islamismus! – die Ur-Sache ist für Krieg und Massaker, für wirtschaftliches und soziales Elend, welchem Abermillionen Menschen in diesen Regionen ausgesetzt sind?
Könnte es sein, dass diese erstickend modernitätsfeindliche Religion – der nie eine Läuterung durch Aufklärung und Säkularisierung zuteil wurde – verantwortlich ist für die kulturelle Katastrophe, die wir gerade erleben, weil sie Menschen und Gesellschaft in Unmündigkeit hält, weil sie die Frauen wie eine verachtete Rasse unterdrückt? Ja, hier wäre der Begriff Rassismus tatsächlich angebracht.
Zugegeben, all dies sind unschickliche, unziemliche, böse Fragen. Seis drum. Und da Böses bereits verübt ist, sollen weitere böse Fragen folgen: Weshalb streben Millionen Menschen dem Sehnsuchtsraum Europa zu? Könnte es sein, dass das Fluchtziel etwas zu tun hat mit der kapitalistischen Wirklichkeit dieser besseren Welt? Mit ihrer zivilisatorischen Modernität?
Der Kapitalismus unserer westlichen Gesellschaften nämlich ist Ausdruck von Freiheit, von Selbstverantwortung, von Schaffenskraft, von unternehmerischer Energie. Und der Kapitalismus ist Teil von Demokratie und Rechtsstaat, also ein Element der unteilbaren Freiheit – wie sie der Sozialismus, dem die KircheNordSüdUntenLinks das christliche Wort redet, nicht kannte, weshalb er auch jämmerlich scheitern musste. Doch zurück zu weiteren Fragen, behutsamen, versteht sich, um die Grünen und die Linken und natürlich die Antirassismus-Kommission nicht allzu sehr zu provozieren:
Könnte es sein, dass eine massive Einwanderung von Menschen, die einer vormodernen Kultur entstammen, gerade das gefährdet, was die Flüchtlinge, Asylanten, Migranten ersehnen und durch ihre Flucht endlich zu erreichen hoffen: das Erfolgsmodell der westlichen Zivilisation? Könnte es sein, dass gerade deshalb Einwanderung zu begrenzen und zu steuern wäre? Könnte es sein, dass es darum geht, die einwandernden Menschen in unsere Kultur einzubinden, indem ihnen Rechte und Pflichten – zum Beispiel die strikte Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen – beigebracht werden?
Genau, beigebracht! Damit sie sich unsere Regeln und Riten anverwandeln, unser Denken in der offenen Gesellschaft erlernen, das nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum, von Fragen und Antworten, von Debatte und Kompromiss funktioniert.
Beibringen? Erziehen gar? Welch paternalistische Begriffe. Doch erziehen wir nicht seit Generationen unsere eigene Jugend zu freien und selbstverantwortlichen Menschen – zu Demokraten?
Könnte es sein, dass auch aus Menschen fremder, verspäteter Kulturen nur dann Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft werden, wenn sie sich assimilieren?
Könnte es sein, dass Migranten «Westler» werden müssen, also säkulare Muslime oder weltliche Christlich-Orthodoxe, um das Leben zu leben, das sie bei uns suchen?
Könnte es sein, dass das kapitalistische, das rechtsstaatliche, das demokratische System das einzige ist, das Freiheit garantiert?
Könnte es sein, dass die UntenLinks-Christen gerade dies nicht wollen: das westliche System?
Könnte es sein, dass sie in den Migranten Rousseaus «Edlen Wilden» zu erkennen glauben, oder das revolutionäre Subjekt, den Proletarier, mit dessen Hilfe sich das verhasste kapitalistische System endlich aushebeln, endlich zerstören lässt?
Es könnte sein.
Es könnte sein