In der «Schweizer Illustrierten» standen, fett herausgehoben, folgende Sätze an die Adresse von Karin Keller-Sutter: «Nicht weil Sie eine Frau sind. Weil Sie gut sind, das heisst: besser.»
Nicht weniger begeistert von der Ständerätin mahnte der Zürcher «Tages-Anzeiger»: «Jetzt nur nicht zu perfekt
werden.»
Wir erfahren also über die freisinnige Frau: Sie ist gut, sie ist besser, sie ist perfekt. Sie ist sogar derart gutbesserperfekt, dass sie «zu perfekt» sein könnte – ein Super-Superlativ, den die deutsche Sprache zwar nicht kennt, offenbar aber Karin Keller-Sutter.
Die Verkündung ihrer Bundesratskandidatur schmückte die St. Gallerin, die auf das Kürzel KKS hört, mit einem hübschen Schleifchen aus Wörtern: «Ich habe nun den Rücken und den Kopf frei für das Amt.»
So redet man, wenn man perfekt sein will: Man redet wie alle – was wiederum gar nicht so leicht ist, muss man doch wissen, wann genau man perfekt so reden sollte wie alle.
Karin Keller-Sutter weiss es.
Doch weshalb muss die Bundesratskandidatin besser sein? Weshalb gar perfekt? Und weshalb muss sie sich hüten, zu perfekt zu sein?
Weil sie eine Frau ist!
Jawohl, für die Frau gilt es, besser zu sein, und zwar – will sie ein Spitzenamt erobern – deutlich besser, am besten perfekt. Für die Männer dagegen gilt die seit je selbstverständliche Männerquote: Man wird, worauf man Anspruch hat. Natürlich kann Qualität dabei nicht schaden. Aber «besser» oder «perfekt»? Man soll doch bitte nichts übertreiben!
Auf eines immerhin hat sich die vorherrschende Männergesellschaft inzwischen geeinigt: Gute Frauen, bessere Frauen, perfekte Frauen schaffen es an die Spitze von Politik und Wirtschaft. Karin Keller-Sutter wird in die Landesregierung gewählt – falls sie nicht plötzlich doch noch zu perfekt auftritt, wozu sie freilich neigt, was wiederum Männer nicht besonders mögen, werden sie doch ihrerseits gewohnheitsgemäss sowie ungeachtet ihres Perfek-
tionsgrades über die Männerquote gewählt.
Wann wäre der Gleichberechtigung Genüge getan?
Wenn die Frauen nicht mehr besser sein müssen, um gewählt oder berufen zu werden. Wenn dereinst genauso viele dumme und unfähige Frauen in Regierungs- und Führungspositionen ihr Unwesen treiben wie Männer.
Dann wäre Gleichberechtigung erreicht. Erst dann.