Vor 40 Jahren installierte Ayatollah Khomeini im Iran den Gottesstaat. Seine Machtübernahme geschah unter dem Beifall der westlichen Linken. Seither ist die Unterdrückung in dem Land, das schon unter dem blutigen Regime des Schahs zu leiden hatte, noch grausamer geworden. Die Ideologie dazu liefert der Islam.
Die Zürcher «SonntagsZeitung» nahm das finstere Jubiläum zum Anlass, Mina Ahadi zu interviewen. Sie hatte bereits 1979 gegen die Islamische Revolution demonstriert und musste fliehen. Heute kämpft sie von ihrem Kölner Exil aus gegen das Mullah-Regime.
Mina Ahadi geht es bei diesem Kampf vor allem um den Terror gegen Frauen. Den Kopftuchzwang, den Khomeinis Schergen brutal auf den Strassen durchsetzen, hat sie selbst erlebt. Die Freiheitskämpferin erinnert sich: «Wenn Frauen kein Kopftuch trugen oder geschminkt waren, wurden sie an Ort und Stelle zusammengeschlagen.»
Was hat sich seit jenen Tagen im Iran geändert? Mina Ahadi glaubt, nicht zuletzt ihr internationales Engagement habe dazu geführt, dass sich die Gottesgelehrten und ihre Gotteskrieger keine Steinigung mehr leisten können, wenn sie das Ansehen ihres Regimes in der zivilisierten Welt nicht noch weiter beschädigen wollen. An der systematischen Unterdrückung der Frauen hat dieser taktische Verzicht nichts geändert. Auch nicht am religiösen Hass gegen gleichgeschlechtlich Veranlagte. «Erst vor 20 Tagen wurde ein schwuler Mann auf der Strasse gehängt», berichtet Mina Ahadi.
Eigentlich müsste man davon ausgehen, dass diese Frau, die dem islamischen Totalitarismus und seinem Frauenhass ihre ganze Existenz entgegensetzt, über zahllose Verbündete verfügt, in Deutschland, in der Schweiz, in Westeuropa: linke Frauen, Feministinnen, Sozialdemokratinnen, Antifaschistinnen – das ganze Spektrum der #MeToo- und Gender-Bewegung.
Fanden zum 40. Jahrestag der Islamischen Revolution vor einer iranischen Botschaft in Deutschland, in der Schweiz, in Westeuropa Frauenproteste gegen die Drangsalierung ihrer Schwestern im Gottesstaat statt? Wurde irgendwo ein Frauen-Trauermarsch im Andenken an die laut Mina Ahadi mehr als 500 gesteinigten Frauen gesichtet? Gab es eine #MeToo-Mahnwache für die 350'000 ermordeten Oppositionellen, darunter zahllose Frauen?
Mina Ahadi erzählt: «Die linken Frauenorganisationen haben meine Erfahrungen sofort verharmlost und relativiert. Sie sagten, das Kopftuch sei Privatsache, und gesteinigt würden nur wenige Frauen. Die Unterdrückung der Frau im Islam sei eine kulturelle Eigenart, die man respektieren müsse. Ich dachte, ich werde verrückt!»
Und weiter: «Ich erlebe es seither leider immer wieder: Linke Feministinnen, die Verletzungen von Frauenrechten, Kopftuch, Burka oder Genitalverstümmelung rechtfertigen, weil sie gegen den Imperialismus des Westens sind und rückständige Kulturen lieber verteidigen als deren Barbareien überhaupt nur zu benennen – als ob Frauenrechte nicht universal wären.»
Mina Ahadi liefert eine leider zutreffende, aktuelle Beschreibung des westlichen Feminismus – und zwar nicht nur, was den Iran betrifft, nein, was islamische Länder generell betrifft, ganz besonders aber den Islam der Migration.
Vielen linken Frauen ist keine Ausrede zu schäbig, zu erbärmlich, um den frauenverachtenden Religions-Faschismus des Islam zu verteidigen: Der Westen ist Kapitalismus, die Anhänger des Koran dagegen sind edle Wilde, noch unbeleckt von diesem grössten aller Weltübel, reinen Herzens also, ein neues, endlich wiedergefundenes Proletariat, mit dem sich der kapitalistische Teufel womöglich und hoffentlich austreiben lässt.
Gibt es ein aktuelles Abbild dieser Gesinnungslage? Ja, in der linken «Wochenzeitung» («WOZ») vom Donnerstag: Auf Seite vier wird dort die katholische Kirche von einer Theologin wegen ihrer Frauenfeindlichkeit attackiert und die ETH wegen Mobbing und sexueller Belästigung aus weiblicher Sicht einer scharfen Kritik unterzogen.
Auf Seite sieben derselben «WOZ» verteidigt eine dritte Frau das Kopftuch.
Doch es gibt Ausnahmen: Necla Kelek und Seyran Ates in Deutschland etwa, oder Saïda Keller-Messahli in der Schweiz: Wie Mina Ahadi sind sie einsame Ruferinnen unter den Frauen.
Die Mehrheit der Feministinnen dagegen, die Mehrheit der Frauen in der #MeToo- und Gender-Bewegung, was sind sie?
Sagen wir es mit einem alten, neuerdings verbotenen Wort: Schwatzbasen.