Da soll nun also ein Nachfolger von Michael Lauber gewählt werden. Wäre es nicht tunlicher, es würde endlich ein Bundesanwalt gewählt?
Nicht ohne anfängliche Bühnenerfolge hatte Michael Lauber die Rolle des obersten Strafverfolgers gespielt. So war seine Wahl ja auch gedacht: Eine gefällige Erscheinung sollte mit unauffälliger Souplesse seriöse Swissness mimen, ohne die sensible Seelenlage der «Grande-Geld-Nation» durch allzu strenge Ermittlungstätigkeit zu stören.
In der Schweiz haben – nach den USA, China und Japan – die meisten Millionäre ihren Wohnsitz, rund 500 000 an der Zahl. Der Alpen-Winzling ist eine gigantische Schatzkammer für Geld und Gold, ein Paradies für globale Geschäftemacher.
Ja, das war der Auftrag, dem es 2011 mit der Wahl eines «Bundesanwalts» gerecht zu werden galt: einen Rechtspfleger für das Resort der Reichen und Superreichen aus der ganzen Welt zu installieren, den umsichtigen Landschaftsgärtner für eine Klientel, die – leider, leider! – auch aus Gaunern und Gesindel besteht.
Der Bundesanwalt, der so tun sollte, als ob, war zuvor Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbands, also Bankenlobbyist auf einem der dubiosesten Finanzplätze Europas – im Kleinen mithin bereits das, was er hernach im Grösseren sein sollte. Ein perfektes Berufsprofil!
Allerdings verhedderte sich der Mime bald im Gestrüpp der ganz realen Wirklichkeit, welche seinen Arbeitgeber Schweiz in höchste Not versetzte: internationale Finanzskandale und die daraus folgende Bedrohung der nationalen Reputation. Die ihm zugedachte Rolle eines Appeasers war nicht durchzuhalten – viel Holterdipolter, kaum Ertrag, schliesslich Chaos, Michael Lauber stand im vergangenen Jahr vor der Abwahl.
Doch dramaturgisch perfekt getimt erschien der Retter auf der Theaterbühne: Christian Lüscher (55), liberal-freisinniger Nationalrat und waschechter Repräsentant des global geschätzten Konten-Kantons Genf, als Rechtsanwalt unter anderem tätig für Abba Abacha, den berüchtigten Sohn des Ex-Militärdiktators von Nigeria, auch im Kampf für die Interessen eines gewissen Viktor Chrapunow aus Kasachstan, wegen Veruntreuung international gesucht, untergeschlüpft am westlichen Zipfel des Lac Léman – Genf leuchtet!
Lüschers Portfolio macht unter den Provinzlern des Bundeshauses Eindruck, bis hinein in die Linke. Sein Berner Mandat wiederum dient dem geschäftigen Geschäftsanwalt beim Marketing: Member of Parliament – das klingt vielversprechend in den Ohren globalen Gesindels, wenn es mal wieder Rechtshilfe benötigt.
Unter der ehrwürdigen und blitz- sauberen Bundeskuppel hielt der stets geschniegelte Genfer im September 2019, wie das «St. Galler Tagblatt» konstatierte, «ein flammendes Plädoyer» für die Wiederwahl von Michael Lauber – und rettete den dubios Dilettierenden vor der Abwahl.
Nun ist es, der Reputations-Risiken eingedenk, endlich doch noch so gekommen: Lauber geht.
Und Christian Lüscher ist schon wieder da!
Mit einem Vorschlag für die Nachfolge, diesmal weiblichen Geschlechts, was die genderbeseelten Medien in Verzückung versetzen dürfte: Maria-Antonella Bino (53), die es bereits zur stellvertretenden Bundesanwältin geschafft hatte und bis vor kurzem Compliance-Chefin der BNP Paribas war, wobei anzumerken ist, dass auch die französische Grossbank schon die Dienste von Christian Lüscher geniessen durfte. So verfügt denn die Dame seiner Wahl über das zweckdienliche Berufsprofil, sowohl über das nötige Verständnis wie auch über das zweckdienliche Network, um mit unauffälliger Souplesse der sensiblen Pflicht des Berner Amtes nachzukommen: der Pflege des Reichen-Resorts Schweiz.
Was die bevorstehende Wahl betrifft, so sei den Parlamentariern, denen das blitzsaubere Bundeshaus noch immer als Sinnbild einer sauberen Schweiz gilt, folgende Empfehlung mit auf den Weg gegeben: Würde Ratskollege Lüscher als nächsten Bundesanwalt den lieben Gott vorschlagen – auch er wäre nicht wählbar.